Imran Khan wurde zurückgetreten

Der Premierminister von Pakistan ist durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden

  • Ramon Schack
  • Lesedauer: 3 Min.

174 der 342 Abgeordneten votierten am Sonnabend für den Antrag der Opposition, wonach der pakistanische Premier Imran Khan von seinem Amt zurücktreten müsse, wie der amtierende Parlamentspräsident Sardar Ayaz Sadiq verlautbaren ließ. Anhänger der Regierungsparteien hatten den Saal zuvor verlassen. Imran Khan ist der erste Regierungschef in der Geschichte Pakistans, welcher sein Amt durch ein Misstrauensvotum verlor. Er selbst blieb der Sitzung des Parlaments fern.

Dem abrupten Regierungswechsel ging eine tagelange politische Krise in dem südasiatischen Land voraus. Der ehemalige Premierminister war wegen der schweren Wirtschaftskrise im Land zunehmend unter Druck geraten. So waren beispielsweise die Preise für Lebensmittel, aber auch für Gas und Benzin in die Höhe geschossen.

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Die schnelllebige Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wurde dieser Tage auf Pakistan gelenkt, was selten genug vorkommt, aber um so notwendiger erscheint. Immerhin handelt es sich bei Pakistan um einen Staat, der mehr Einwohner als Russland zählt, von beträchtlicher strategischer Bedeutung ist und über Atomwaffen verfügt.

Während lange Zeit die Gefahr einer iranischen Atombombe in der westlichen Weltöffentlichkeit bis zur Hysterie aufgebauscht wurde, nahm kaum jemand zur Kenntnis, dass im benachbarten Pakistan die radikalislamischen Taliban an den Toren zur Macht stehen. Nicht umsonst handelte sich Pakistan unter Experten den unrühmlichen Titel ein, eines der gefährlichsten Länder der Welt zu sein.

Afghanistan und Pakistan sind schicksalhaft miteinander verbunden. Das hat drei Gründe: das demografische Gewicht Pakistans, sein Einfluss auf die Paschtunen im Süden Afghanistans und die geografische Nähe der beiden Länder. Seit 2018 regierte Imran Khan das Land, welches über 200 Millionen Einwohner zählt und zwischen Indien und Afghanistan liegt.

Während der Amtszeit des ehemaligen Kricketstars Khan wurden die traditionell guten Beziehungen zwischen Islamabad und Peking weiter ausgebaut. Das enge pakistanisch-chinesische Verhältnis wurde in der Zeit aufgebaut, als Peking darum bemüht war, Pakistan als Verbündeten gegen Indien zu gewinnen, was beiderseits als notwendig angesehen wurde.

Noch im Februar hatte der abgesetzte Premierminister über das gute Verhältnis zu Peking gesprochen und dabei den USA vorgeworfen, sie würden Pakistan für ihre geopolitischen Zwecke einsetzen. Wenn das Land sich dem nicht beuge, werde Washington mit Sanktionen reagieren. Im Gegensatz dazu sei die Volksrepublik ein »Freund, der immer an der Seite Pakistans stand«, so Khan.

Während eines Fernsehauftritts äußerte Khan zum wiederholten Mal, die USA hätten sich gegen ihn und seine Regierung verschworen. »Ich werde nicht akzeptieren, dass Pakistan eine Regierung von außen aufgezwungen wird«, sagte Khan, der am Tag des russischen Einmarschs in der Ukraine den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau besucht hatte. Khan versuchte damit, die antiamerikanische Grundstimmung in seinem Land zu instrumentalisieren. Viele Pakistaner denken nicht mehr, dass die Zusammenarbeit mit dem Westen für ihr Land gut sei. Des Öfteren starben in den vergangenen Jahren Pakistanis durch »friendly fire«, wenn Zivilisten durch US-Drohnen ums Leben kamen. Dabei wurde auch die Souveränität Pakistans durch die Vereinigten Staaten verletzt.

Shehbaz Sharif, der Nachfolger von Khan, dankte seinen Unterstützern. »Diese Einigkeit wird Pakistan wieder aufbauen«, sagte er. Beobachter sehen allerdings keinen Aufbruch in die Zukunft. Hinter den Kulissen ziehen die alten Eliten die Strippen, in Gestalt des neuen Premierministers Sharif, der ein Repräsentant jener Dynastien ist, die in der Vergangenheit immer wieder an der Macht waren, ohne die drängenden Probleme Pakistans auch nur ansatzweise gelöst zu haben.

Schon im kommenden Jahr wird in dem Land gewählt – vorausgesetzt, es kommt nichts dazwischen. In Zeiten innenpolitischer Turbulenzen zögerte die Armee in der Vergangenheit nicht, die Regierung zu übernehmen. Die Streitkräfte stellen einen gewaltigen Machtfaktor dar.

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