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Keine Einende
Die proteinreiche Attacke auf Berlins Regierende Bürgermeisterin reiht sich ein in die Tradition des deutschen Ei-Wurfs
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ist von einer (noch) unbekannten Person in die erste politische Reihe geworfen, also beworfen worden. Mit einem Ei, am 1. Mai – bei der DGB-Kundgebung des am Brandenburger Tor. Immerhin konnte ein Sicherheitsbeamter mit einem Schirm verhindern, dass die noch nicht mal ein halbes Jahr amtierende Bürgermeisterin tatsächlich getroffen worden ist.
Schnell machten Wortspiele wie »Giff-Ei« die Runde. So eine Attacke hat sie weder als ehemalige Neuköllner Bezirksbürgermeisterin noch als Bundesfamilienministerin erlebt. Die Aberkennung ihres Doktortitels war der bisher größte politische Sturm in ihrer Karriere.
Nun reiht sie sich ein in die Riege der vergleichsweise wenigen deutschen Spitzenpolitiker, die Opfer des tierischen Wurfgeschosses wurden. Unvergessen bleibt der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der sich 1991 in Halle an der Saale mit besudeltem Anzug persönlich den Attackierer griff. Erst kürzlich widmete der Satiriker Jan Böhmermann dem Ereignis ein Musical.
2001 wurde der damalige bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) auf dem Berliner Alexanderplatz mit Eiern beworfen. Dass der Berliner CDU-Bürgermeisterkandidat Frank Steffel hinter ihm Schutz suchte, war das endgültige Aus für seine Ambitionen. Einen Monat später, im August, traf Steffel dann doch noch ein Ei. In Weißensee, nach der Kür einer Blumenkönigin.
Franziska Giffeys Auftritt beim DGB wurde abgebrochen. Schon zuvor störten permanente Buhrufe ihre Rede. Vor allem ihre negative Haltung zur Sozialisierung von Wohnungskonzernen wurde ihr angekreidet. Insgesamt kommt die Politikerin bei Gewerkschaftern ob ihrer Wirtschaftsfreundlichkeit schlecht an. Dabei kann sie mit dem Abspulen ihres menschelnden Programms auch in feindlicher Umgebung oft das Eis brechen. Doch Berlin zu einen wird ihr nicht gelingen.
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