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- Homo- und Pädosexualität
Fragwürdige Komplizenschaft
Jeja nervt: Die überfällige Auseinandersetzung mit Pädosexualität
Bis 1968 war in der DDR das Ausleben schwuler Sexualität verboten, erst ab 1969 war es auch in der Bundesrepublik zumindest straffrei. Schwule und Pädosexuelle teilen juristisch, aber auch kulturell eine Geschichte der Verfolgung, die diese beiden Gruppen von außen in eins gesetzt hat. Es gab auch mal mehr, mal weniger strategische Bündnisse – aus einer inneren Motivation heraus. Schwule mit Pädophilie in Verbindung zu bringen, das mag heute wie Rhetorik komplett durchgeknallter US-Republikaner*innen wirken. Doch die queere Bewegung täte gut daran, die Kompliz*innenschaft kritisch zu bearbeiten, die es tatsächlich gegeben hat.
Anfang 2021 veröffentlichte die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs eine Vorstudie zu den Verbindungen zwischen Homosexuellen- und Pädosexuellenbewegung. Die Arbeit unter dem Titel »Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin – eine Recherche« liefert einen ersten Überblick sowohl über die Geschichte pädosexueller Organisationen wie auch über Punkte der Zusammenarbeit mit Akteur*innen der queeren Emanzipation. Gewiss: Dazu gehört, dass die enge Verknüpfung von lesbischem und feministischem Aktivismus seit den 70er Jahren für Aufmerksamkeit für sexuelle Gewalt an Kindern gesorgt und damit auch die Spielräume für pädosexuelle Aktivist*innen und Täter*innen auch in queeren Räumen begrenzt hat. Doch es dauerte bis in die 90er Jahre, bis diese Räume ihre Offenheit für Pädosexuelle zurückzogen – in einzelnen Fällen sogar noch deutlich länger. 1994 ließ etwa das Schwule Museum in Berlin in einer Ausstellung über den KZ-Häftling Heinz Dörmer wissen: »Sein Triebschicksal, sich vorwiegend in pubertierende Jünglinge zu verlieben, hat ihn quer durch die wechselnden deutschen Systeme ins Unrecht gesetzt.«
Natürlich ist die rechte und konservative Bigotterie in der Sexualmoral legendär. Doch es waren linke und liberale Kreise, die in Deutschland offen daran arbeiteten, sexuelle Gewalt an Kindern zu verharmlosen und zu legalisieren. Schließlich verband sich der »linke« Flügel der Pädosexuellenbewegung mit dem linken der Schwulenbewegung. Anknüpfungspunkte gab es in einem einseitigen linken Freiheits- und Emanzipationsdiskurs, der den Einzelnen und seine Entfaltung immer nur vom autoritären Staat begrenzt thematisierte, aber tatsächliche Schutzfunktionen nicht erkannte, die von Staatlichkeit ausgehen – oder ausgehen könnten. Pädosexuelle konnten sich so als Kinderschützer*innen ausgeben und in diesem Bereich sogar Scheinstrukturen von Sorgetelefonen bis hin zu WGs aufbauen, die aus Heimen entlaufene Kinder »aufnahmen«. Auch in der Hausbesetzer*innenszene gab es Fälle, wo entstehende Freiräume genutzt wurden. Schließlich fanden sich Forderungen der pädosexuellen Bewegung auch in Wahlprogrammen der Grünen wieder. Homosexuellengruppen hatten ganz offen »Pädo«-AGs, übernahmen deren Agenden und solidarisierten sich in Fällen polizeilicher Maßnahmen.
Die andere Seite ist freilich, dass sich letztlich bis 1994 eine Regelung zum Schutzalter hielt, die männliche Kontakte zu männlichen Unter-18-Jährigen verbot, während sie diese zu 14-jährigen Mädchen erlaubte. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, warum sich bis heute insbesondere in schwulen Communitys eingespielte Abwehrreflexe halten, wenn es um die Thematisierung von Alters- und Machtunterschieden in Liebes- und Sexualitätsdingen geht oder um Anschuldigungen im Kontext der #MeToo-Bewegung. Zuletzt durfte man diese bei Reaktionen auf Vorwürfe beobachten, wonach der Ehemann des Rektors des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam Studierende unter anderem mit versandten Penisbildern sexuell belästigt haben soll. Als feministischer Teil der queeren Bewegung haben wir also nach wie vor allen Grund, hier Fetzen fliegen zu lassen.
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