Nicht für Rentner und Studenten

Die im Bundestag beschlossenen Entlastungen sind unzureichend

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem Entlastungspaket ist vor dem Entlastungspaket: Kaum hatte der Bundestag am Donnerstag eine Reihe von Maßnahmen zur Eindämmung der sozialen Folgen der Inflation abgesegnet, stellten Vertreter*innen der Bundesregierung bereits weitere in Aussicht. »Wenn die Preissteigerungen ganz lange dauern werden, dann werden wir auch weitere Maßnahmen ergreifen, auch für Rentnerinnen und Rentner«, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Freitag im Bundestag. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) versprach gleichfalls neue Entlastungen. 2023 müsse nach seiner Überzeugung der Grundsicherungsregelsatz erhöht werden, sagte er bereits am Donnerstag in der ARD.

Zu den nun beschlossenen Maßnahmen zählen unter anderem eine Einmalzahlung für Hartz-IV-Bezieher von 200 Euro und ein Sofortzuschlag von 20 Euro pro Monat und Kind für arme Familien. Zudem wurden steuerliche Maßnahmen beschlossen. So wird der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer um 363 Euro auf 10 347 Euro erhöht. Der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungskosten steigt von 1000 auf 1200 Euro. Beides gilt rückwirkend ab 1. Januar. Hinzu kommt die Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer um drei Cent auf 38 Cent. Auch wurde eine Energiepreispauschale von 300 Euro beschlossen, die an Steuerpflichtige ausgezahlt wird.

Geht es nach Opposition, Sozialverbänden und Gewerkschaften, sind weitere Maßnahmen dringend nötig. Sie kritisieren vor allem auch, dass Student*innen und Rentner*innen aus ihrer Sicht weitestgehend leer ausgehen. »Das Entlastungspaket wird dem Grundsatz eines solidarischen Miteinanders nicht gerecht«, schrieb die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Freitag auf Twitter. »Absolut unverständlich ist für uns, dass Rentnerinnen und Rentner die Energiepreispauschale von 300 Euro nicht erhalten«, sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mit dem Entlastungspaket sei ein chaotischer Flickenteppich an Maßnahmen entstanden, der das Geld nicht gerecht verteile. Auch sind die 20 Euro Sofortzuschlag pro Kind für arme Familien Bentele zufolge »definitiv nicht ausreichend, sondern nur eine Notlösung – und zwar eine extrem unbefriedigende«.

»Jeder fünfte Mensch über 65 Jahre ist arm. Ein Rentner mit weniger als 900 Euro im Monat bekommt gerade mal neun Prozent der Energiemehrkosten vom Staat zurück«, kritisierte der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Leye, im Bundestag. »Warum zum Teufel kommt es wirklich in jeder Krise zu diesen politischen Härten gegenüber denen, die am meisten auf politische Unterstützung angewiesen sind?«

Als Maßnahme gegen die hohen Inflationsraten schlug Leye vor, dass die Energiepreise staatlich gedeckelt werden. Denn während etwa der Ölkonzern Shell zuletzt seinen Gewinn um 43 Prozent auf 9,13 Milliarden Dollar (rund 8,6 Milliarden Euro) steigern konnte, treiben insbesondere die Energiepreise die Inflation nach oben. Diese betrug im April 7,4 Prozent und war damit so hoch wie seit rund 40 Jahren nicht mehr. Kraftstoffe verteuerten sich im April im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 38,5 Prozent.

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