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Konkurrenz um Linke-Vorsitz
Sören Pellmann und Martin Schirdewan bewerben sich um das Spitzenamt neben Janine Wissler
Sören Pellmann hatte den Ort für die Pressekonferenz am Dienstagmittag offensichtlich nicht zufällig ausgewählt. Sie fand vor der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz im Zentrum Berlins statt. Nicht weit entfernt befindet sich das Karl-Liebknecht-Haus, die Parteizentrale der Linken. Hier will Pellmann bald als Parteivorsitzender arbeiten. Der Bundestagsabgeordnete erklärte, dass die Partei, die zuletzt mehrere Wahlniederlagen erlitten hatte, »in einer schwierigen Situation« sei. »Ich möchte Verantwortung übernehmen«, erklärte Pellmann. Einen guten Stand hat er bereits in Leipzig, wo der Politiker bei der Bundestagswahl eines der drei Direktmandate der Linken gewonnen hatte. Nur deswegen gelang der Partei, die knapp an der Fünfprozenthürde scheiterte, der Wiedereinzug in Fraktionsstärke in den Bundestag.
Nach vielen internen Streitigkeiten will Pellmann die Linke wieder zusammenführen. »Wir müssen mehr miteinander als übereinander reden«, sagte er. Unterstützung hatte Pellmann zuletzt unter anderem von der früheren Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Politikern, die ihr nahestehen, erhalten. Die Hamburger Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, sie freue sich über die Kandidatur für den Parteivorsitz. »Sören Pellmann hat gezeigt, dass er kompetent und erfahren genug ist, um unsere Partei aus ihrer existentiellen Krise zu führen«, schrieb Nastic.
Zusammen mit anderen Politikern der Linkspartei hatten Pellmann, Nastic und Wagenknecht Ende Februar eine Erklärung zur Abstimmung über den Ukraine-Antrag der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie der oppositionellen Unionsfraktion veröffentlicht. Darin verurteilten die Linke-Politiker den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf das Nachbarland. Allerdings kritisierten sie zugleich unter anderem die angekündigten Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Ukraine und die massive Aufrüstung. Das Schreiben hatte in der Linken zu Aufregung geführt. So warf der Außenpolitiker und frühere Fraktionschef Gregor Gysi seinen Genossen in einem Brief vor, der Ukraine faktisch ein Selbstverteidigungsrecht abzusprechen. Sie seien »indirekt dafür, dass sie nur die Chance zur bedingungslosen Kapitulation« bekommen.
In der Erklärung von Pellmann, Wagenknecht und ihren Mitstreitern stand auch, dass die von den USA in den letzten Jahren betriebene Politik »für die entstandene Situation maßgebliche Mitverantwortung« trage. Heute würde Pellmann das anders formulieren. »Die Aggression, dieser völkerrechtswidrige und verbrecherische Angriff geht klar von einer Seite aus, nämlich von Russland und dessen Präsident Wladimir Putin«, sagte der Ostbeauftragte der Linksfraktion.
Die Entscheidung über die Spitze der Linkspartei wird auf dem Bundesparteitag der Linken Ende Juni in Erfurt getroffen. Dann wird der gesamte Vorstand neu gewählt. Die Partei wird nach dem Rückzug der Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow seit einigen Wochen allein von Janine Wissler geführt, die in Erfurt erneut für die Doppelspitze kandidieren wird. Bislang hat sich keine mögliche Konkurrentin zu Wort gemeldet. Die Doppelspitze der Linken ist quotiert.
Gegen Pellmann will der Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Martin Schirdewan, antreten. Zuletzt war auch darüber spekuliert worden, ob der Thüringer Landesminister und Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff Interesse am Vorsitz der Linkspartei hat. Nun erklärte Schirdewan im Kurznachrichtendienst Twitter, dass er sich sehr freue, dass Hoff »mit seiner politischen Erfahrung, seinen Ideen und Kreativität als stellvertretender Vorsitzender der Linken kandidieren wird«. Viele seiner Vorschläge hätten in den letzten Wochen zu einer konstruktiven Atmosphäre in der Partei beigetragen. Die Linkspartei hat zurzeit sechs Vizechefs.
Hoff teilte auf Twitter mit, dass Schirdewan ihn gebeten habe, »Teil seines Teams zu sein«. Ziel sei die »Erneuerung unserer Partei als verbindende Linkspartei mit gesellschaftlichem Gebrauchswert als sozialistische Gerechtigkeitspartei«. Schirdewan und Hoff stammen aus dem Lager der ostdeutschen Reformer. Sicher ist, dass ihre Kandidatur auch vom Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow unterstützt wird. Möglicherweise wird die Abstimmung über den neuen Vorstand auch mit der Frage verbunden, wie sich die Linkspartei künftig in der Außenpolitik ausrichtet. Hoff hatte kürzlich im Interview mit dem »nd« gesagt: »Die osteuropäischen Länder wurden nicht in die Nato gezwungen, sondern auch linke Parteien in Osteuropa wollen lieber in der Nato leben als unter der permanenten Gefahr eines großrussischen Imperialismus – haben wir nie wahrgenommen, sondern so getan, als gäbe es sie gar nicht.«
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