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- Berlin: Behörden und Flüchtlinge
Empathie statt Bevormundung
Claudia Krieg will Umgang mit Ukrainern als Blaupause
Ein anderer Umgang mit Flüchtlingen ist möglich, man sieht es sehr deutlich in diesen Wochen. Es tut sich etwas in der nicht gerade für Empathie bekannten Behördenlandschaft. Allein, dass sich mit Ramona Schröder die Leiterin einer regionalen Arbeitsagentur hinstellt und sagt, sie versuche, sich in die Situation der von Krieg und Flucht Betroffenen hineinzuversetzen, ist schon bemerkenswert. Und dann kritisiert Schröder auch noch die jahrelangen Prozeduren der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse!
Auch wenn hinter diesen Äußerungen ganz sicher längst nicht alle der altgedienten Jobcenter-Sachbearbeiter*innen stehen dürften und auch wenn es eine bittere Erkenntnis für Tausende sein mag, die in den Ämtern über Jahre Demütigung und Bevormundung erfahren mussten und müssen und denen dieses Entgegenkommen auf menschlicher Ebene nicht beschieden war. Entscheidend ist, dass solchen gefühligen Worten klare und sinnvolle Handlungen folgen. Wenn berichtet wird, dass viele Ukrainer*innen schnell und internetaffin ihre Anträge bewältigen könnten, dann ist das kein Grund, sich zu wundern, sondern zeigt einmal mehr, wie weit die formvollendete papierne Bürokratie hinter dem Mond schwebt – und damit allen zur bleiernen Last wird.
Wie vielen Menschen diese Last hätte erspart bleiben können, wäre man zeitnah Digitalisierungsschritte gegangen, will ich mir gar nicht ausmalen. Menschen, die nicht viel besitzen, haben in der Regel auch kein Geld für Computer und Drucker – und häufig nicht einmal genug Platz, um diese überhaupt aufzustellen. Und dass solche Hilfsmittel für die Bewältigung der Bürokratielawine durch die Jobcenter bewilligt werden würden, hat man selten gehört. Wenn nun endlich ein Hauch Fehlerkultur im Beamtentum der Sozialleistungsbehörden Einzug hält, muss davon nur noch etwas auf den Ebenen der Verwaltung und Sachbearbeitung ankommen.
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