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  • Jahrestag des Bundeswehrabzugs

Afghanische Helfer hilflos

Ein Jahr nach dem deutschen Abzug geht ihre Rettung nicht voran

Anlässlich des ersten Jahrestages zum Ende des Abzuges deutscher Truppen aus Afghanistan haben Hilfsorganisationen auf die mehr als schleppend verlaufende Rettung der ehemaligen afghanischen Angestellten hingewiesen. Vorschläge von Menschenrechtsorganisationen, wie das bürokratische und kaum an Realitäten orientierte Verfahren zur Aufnahme gefährdeter Menschen reformiert werden kann, hat die Bundesregierung bislang ignoriert. Pro Asyl, Mission Lifeline und das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte wiesen auf die nüchterne Bilanz des vergangenen Jahres hin. Erst zwei Drittel der Menschen, die eine Zusage für die Einreise erhalten haben, sind demnach auch in Deutschland angekommen. Während weitere rund 12 000 Menschen darauf warten, Afghanistan verlassen zu dürfen, hält die Ampel-Regierung daran fest, im Rahmen des Bundesaufnahmeprogrammes nur 5000 Menschen pro Jahr einreisen lassen zu wollen. Eile scheint es nicht zu geben, über die angefragten Landesaufnahmeprogramme von Bremen, Berlin und Thüringen zu entscheiden. Die Entscheidung der Bundesregierung sei zurückgestellt worden, heißt es in einer Antwort der Regierung auf die Frage der Linke-Abgeordneten Clara Bünger.

Laut einer Studie sind die Menschen in Afghanistan die weltweit unglücklichsten. Dies berichtete das amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup am Dienstag. Sie führen die Liste mit negativen Erfahrungen an und berichten gleichzeitig am wenigsten Positives, wie Vergnügen, Lachen oder das Lernen interessanter Dinge. Auch in den Jahren zuvor maßen Gallup-Studien wenig Glück und Hoffnung bei der afghanischen Bevölkerung. Doch mit dem chaotischen Abzug der Nato-Truppen hat sich die Situation für sie weiter verschlechtert. Laut der Studie waren 80 Prozent der Afghanen 2021 besorgt, 74 Prozent gestresst und 61 Prozent von ihnen waren einen großen Teil des Tages traurig.

Die amtierende Taliban-Regierung wies die Studienergebnisse jedoch zurück und beteuerte, dass die Menschen unter ihrer Führung »glücklich« seien. »Die Studie basiert auf falschen Informationen und ist zum Teil Propaganda«, so der Taliban-Sprecher Bilal Karimi. Unter den Racheakten der Taliban, aber auch unter der Aufnahmepraxis und dem Ortskräfteverfahren der Bundesregierung leiden vor allem junge afghanische Männer. Hilfsorganisationen fordern mehr Engagement der Bundesregierung. dpa/dal

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