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Die anderen können es doch auch

Immer mehr Fußballverbände bezahlen Frauen- und Männernationalteams gleich. Der Deutsche Fußball-Bund hinkt dagegen hinterher

  • Noah Kohn
  • Lesedauer: 5 Min.
Die Spielerinnen der EM-Favoriten Spanien und England erhalten bereits gleiches Geld für gleiche harte Arbeit wie ihre männlichen Kollegen.
Die Spielerinnen der EM-Favoriten Spanien und England erhalten bereits gleiches Geld für gleiche harte Arbeit wie ihre männlichen Kollegen.

Auf dem Weg vom Eröffnungsspiel der Frauen-EM 2022 in Manchester an diesem Mittwoch bis zum Finale am 31. Juli geht es für die teilnehmenden Fußballverbände neben den sportlichen Ambitionen auch um lukrative Preisgelder. Im Vergleich zur letzten Europameisterschaft 2017 hat der Dachverband des europäischen Fußballs die Ausschüttungen verdoppelt, insgesamt 16 Millionen Euro verteilt die Uefa auf die Verbände. Alle 16 teilnehmenden Teams bekommen ein Antrittsgeld von 600 000 Euro. Durch verschiedene Siegprämien können die Gewinnerinnen sogar gut zwei Millionen Euro für ihren Verband erspielen – so viel wie noch nie zuvor bei einem EM-Turnier der Frauen.

Wie viel davon allerdings im Fall eines Titelgewinns als Erfolgsprämie an die Nationalspielerinnen weitergegeben wird, variiert bei den Nationalverbänden und sorgt derzeit für viel Gesprächsstoff: Während in einigen Ländern die Spielerinnen die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Nationalmannschaftskollegen erhalten, hinken anderswo die Frauenprämien denen der Männer weit hinterher. Von »Equal Pay«, also der gleichwertigen Entlohnung von Frauen und Männern für die gleiche Leistung, sind auch die deutschen Nationalteams ein gutes Stück entfernt: Zwar würden die deutschen Spielerinnen bei einem EM-Sieg in England eine Rekordprämie von 60 000 Euro vom Deutschen Fußballbund (DFB) erhalten. Die deutsche Männermannschaft um Manuel Neuer hätte jedoch bei einem Titel letztes Jahr mit 400 000 Euro pro Akteur ein Vielfaches mehr bekommen.

»Einnahmen und Umsätze sind bei einem Turnier der Männer ganz anders als bei einem Frauenturnier«, erklärte DFB-Direktor Oliver Bierhoff zuletzt die Diskrepanz der Prämien für die Fußballer und Fußballerinnen des DFB. Tatsächlich war die Gesamtprämie bei der Männer-EM 2021 mit 331 Millionen Euro deutlich höher als die nun bei den Frauen zur Verfügung stehende Summe von 16 Millionen. Außerdem tue der Verband »alles«, damit Frauen die gleichen Bedingungen hätten, so Bierhoff. Trainingsbedingungen, Betreuerstäbe und Ausstattungen auf ein ähnliches Niveau wie bei den Männern zu bringen, ist sicherlich ein Fortschritt. Doch von besseren Trainingsbällen können die Spielerinnen, die in der Liga oft nur einen Bruchteil der Einkommen der Männer verdienen, keine Rücklagen für die Zeit nach der Profikarriere bilden.

Dass unterschiedliche Einnahmen bei den Turnieren nicht unbedingt hinderlich sein müssen bei der Angleichung der Bezahlung, zeigte zuletzt der Schweizerische Fußballverband (SFV). Dessen Hauptsponsor Credit Suisse zahlt künftig die gleichen Prämien an beide Nationalteams aus und sorgt so für mehr finanzielle Geschlechtergerechtigkeit. Die Schweizerinnen bilden dabei keine Ausnahme: Bei der Hälfte aller 16 EM-Teams haben die Verbände die Prämien mittlerweile angeglichen.

Die Debatte um »Equal Pay« wurde vor allem von den Weltmeisterinnen aus den USA vorangetrieben. Jahrelang stritten sie vor Gericht mit ihrem nationalen Verband um die gleiche Bezahlung, im vergangenen Februar wurde dann endlich eine Einigung erzielt: Alle Einnahmen aus Männer- und Frauenturnieren werden nun addiert und gleichmäßig an die Auswahlspielerinnen und -spieler verteilt. Die Fußballerinnen aus Dänemark gingen 2017 sogar in den Streik, um eine fairere Entlohnung zu erhalten.

Die deutschen Akteurinnen sind da weniger fordernd als ihre internationalen Kolleginnen. Nationalspielerin Sara Däbritz sagte zur ausgehandelten Prämie für die DFB-Frauen: »Es ist eine deutliche Steigerung zur letzten EM. Deswegen sind wir auf einem guten Weg.« Die Bundestrainerin äußerte sich gegenüber »nd« auch eher zurückhaltend: »Man kann darüber nachdenken, irgendwann die Prämien für die Nationalmannschaften der Männer, der Frauen und für die U21 anzugleichen«, sagte Martina Voss-Tecklenburg. Die 54-Jährige kann sich eine Reduzierung der Männerprämien vorstellen: »Es muss sich annähern: beim Männerfußball weniger und bei uns vielleicht ein bisschen mehr.«

Wie das funktionieren könnte, haben die norwegischen Fußballer bereits 2017 uneigennützig vorgemacht: Sie verzichteten auf Gelder aus Werbung und Vermarktung, damit der Verband ihre Auswahlkolleginnen gleichwertig entlohnen konnte. Ein Ansatz, an dem sich auch die deutschen Fußballer um Manuel Neuer ein Beispiel nehmen könnten. Die Errungenschaften der DFB-Frauen, mit acht Titeln immerhin Rekordeuropameisterinnen, sind denen der Männer schließlich mindestens ebenbürtig. Und wieso sollte ein möglicher EM-Titel der Frauen weniger wert sein als einer der Männer?

Andere Verbände machen vor, wie es funktionieren kann. Doch der DFB, so scheint es, misst die Leistungen seiner Teams aber hauptsächlich an den wirtschaftlichen Erlösen, die sie erzielen, und nicht am sportlichen Erfolg. Und wenn die Uefa die riesigen Unterschiede in den Ausschüttungen beibehält, könnte es bei dieser Logik schwer werden mit einer baldigen gleichberechtigten Bezahlung zwischen Männern und Frauen in Deutschland. »Der Auftrag an die Fifa und die Uefa ist, dass es irgendwann ein Prämiensystem gibt, das für alle gleich ist«, wünscht sich deshalb Bundestrainerin Voss-Tecklenburg. Ein Wunsch, der wohl noch Geduld erfordert, da die Uefa wiederum die Verantwortung an Fernsehsender und Sponsoren weitergibt. Wenn der DFB ein Zeichen für Gleichberechtigung im Fußball setzen will, sollte er darauf also nicht warten.

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