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Weltkriegsdevotionalien gehortet

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Polizist aus Südniedersachsen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei den Sicherheitsbehörden in Deutschland häufen sich die »Einzelfälle«: Von Juli 2018 bis Juni 2021 wertete der Verfassungsschutz 860 Vorgänge aus, in denen Beschäftigte von Polizei, Zoll und Bundeswehr mit Rechtsextremismus und »Reichsbürgern« in Verbindung gebracht wurden. Bei 327 Bediensteten waren die Hinweise so gravierend, dass sie »weiter nachrichtendienstlich bearbeitet« wurden, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Mai mitteilte. Ein weiterer Fall wurde am Mittwoch aus Südniedersachsen bekannt.

Die Staatsanwaltschaft Bückeburg ermittelt gegen einen Beamten der Polizeidirektion Göttingen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Außerdem bestehe gegen den 43-jährigen Polizisten der Verdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem »nd«.

Die Bückeburger Behörde und die Polizeidirektion Göttingen teilten am Mittwoch weiter mit, dass seit Freitag vergangener Woche die Privatwohnung sowie von dem Beamten genutzte Diensträume durchsucht wurden. Dabei seien Waffen, Uniformen und »Devotionalien aus dem Zweiten Weltkrieg« sowie Datenträger gefunden und sichergestellt worden. Nachfragen zu den Waffenfunden und »Devotionalen« wurden nicht beantwortet.

Der Vorwurf des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz deutet aber darauf hin, dass der Mann nicht nur Pistolen oder Reizstoffsprühgeräte hortete. Dieses Gesetz regelt die Herstellung, aber auch die Überlassung sowie das Inverkehrbringen, den Erwerb und den Transport von Gegenständen, Stoffen und Organismen, die zur Kriegsführung bestimmt sind. Verstöße können mit Haftstrafen bis zu zehn Jahren, bei Fahrlässigkeit bis zu zwei Jahren geahndet werden.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, dass es sich bei den beschlagnahmten Datenträgern um einen Laptop und ein Smartphone gehandelt hat. Der Verdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in den Jahren zwischen 2014 und 2018 habe sich aufgrund von ausgewerteten Bilddateien in diesen Medien ergeben.

Die weitere aufwändige Auswertung der sichergestellten Gegenstände und Datenträger dauere an, erklärten Staatsanwaltschaft und Polizei weiter. An den Ermittlungen sei auch das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) beteiligt. Das LKA erstelle zurzeit auch eine Übersicht der sichergestellten Waffen und Gegenstände

Eine Polizeisprecherin sagte weiter, die Polizeidirektion Göttingen habe eine disziplinare Prüfung gegen den Mann eingeleitet und gegen ihn ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. In welchem Ort und in welcher Dienststelle der Beamte tätig war, wollten die Ermittler zwar nicht mitteilen. Dass die Staatsanwaltschaft in Bückeburg das Verfahren führt, lässt aber darauf schließen, dass der Beschuldigte im Landkreis Schaumburg wohnt und arbeitete. Die Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg gehört zur Polizeidirektion Göttingen.

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