Lindner, der große Bremser

Wenn es um Sozialpolitik geht, pfeift die FDP auf Anstand, Mitgefühl und gesellschaftliche Verantwortung

Christian Lindner hat ein Faible für schnelle Autos und führt eine Partei, die nichts Schlimmeres kennt als ein Tempolimit auf Autobahnen. Ansonsten betätigt sich der FDP-Chef vor allem als Bremser. Egal, um welche sozialpolitische Maßnahme, welches Hilfspaket es geht: Der Finanzminister schüttelt immer dann den Kopf, wenn seine wirtschaftsliberale Klientel nichts davon hat. Das 9-Euro-Ticket will er nicht weiterführen, obwohl längst nicht klar ist, wie eine vernünftige Anschlusslösung aussehen soll. Das Bürgergeld soll um Gottes willen nicht zu großzügig ausfallen. Und nun hat Lindner ein neues Hilfsprogramm für Geringverdiener zumindest vorerst verhindert.

Dabei sind es Menschen mit kleinen Einkommen, die am stärksten unter steigenden Preisen und sonstigen Belastungen leiden. Aber die wählen in der Regel nicht FDP. Deren Frontmann bewegt sich in schlechter alter Parteitradition. Man muss da gar nicht den marktradikalen Otto Graf Lambsdorff bemühen. Ein anderer einstiger FDP-Wirtschaftsminister, Rainer Brüderle, witterte hinter jeder noch so kleinen Marktregulierung Sozialismus. Und Guido Westerwelle fabulierte in Zusammenhang mit Hartz IV von anstrengungslosem Wohlstand und »spätrömischer Dekadenz«.

Als im letzten Herbst die Ampel-Regierung entstand, feierte sie sich als Koalition des Fortschritts. Abgesehen von ein paar tatsächlichen bürgerrechtlichen und zivilgesellschaftlichen Fortschritten, versucht die FDP alles zu blockieren, was der rasant wachsenden Gruppe jener Menschen helfen würde, denen die Krise rein finanziell den Boden wegzieht. Sie beruft sich dabei auf das Dogma der Schuldenbremse – in Wirklichkeit bremst sie Anstand, Mitgefühl und soziale Verantwortung aus.

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