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Abtreibung bleibt legal
Deutliche Mehrheit im US-Bundesstaat Kansas stimmt für Recht auf Schwangerschaftsabbruch
Es war ein Triumph für die Unterstützer*innen des Abtreibungsrechts in Kansas: 59 Prozent der Bürger*innen des konservativen US-Bundesstaates stimmten dafür, das Recht auf Abtreibung in der Verfassung zu behalten. Die Wahlbeteiligung war hoch, nicht nur in den Städten Wichita und Kansas City, sondern auch im ländlichen West-Kansas.
Aktivist*innen sind sich sicher, dass die Bürger*innen im konservativen Süden und Mittelwesten der USA in der Abtreibungsfrage wesentlich liberaler sind, als man gemeinhin vermutet. Schließlich erleben sie die Konsequenzen der Verbotspolitik viel intensiver als die Wählerschaft anderswo. »In Kansas haben die Menschen vor Ort gesehen, was die Abtreibungsverbote in Texas, Oklahoma und Missouri mit den Menschen machen, wie schwierig es für viele ist, das Geld für die lange Reise nach Wichita und Kansas City aufzubringen«, erläutert gegenüber »nd« Elizabeth Nash. Sie ist leitende Politikanalystin des in Washington angesiedelten Guttmacher-Instituts, einer Forschungseinrichtung zu sexueller und reproduktiver Gesundheit.
»Wir haben die freistaatlichen Wurzeln von Kansas klar gezeigt«, sagte die Sprecherin der Dachorganisation von Abtreibungsbefürwortern Kansas for Constitutional Freedom, Ashley All, dem britischen »Guardian«. »Hier sind Abtreibungsrechte keine Frage der Partei«, betonte sie. Auch in Wahlbezirken wie Johnson County oder Ellis Count, den Donald Trump 2020 bei der Präsidentschaftswahl haushoch gewann, stimmten die Wähler*innen deutlich gegen das Referendum. Die Aktivistin Kimberley Inez McGuire von der Gruppe URGE sieht ebenfalls eine verbreitete Ablehnung eines »reproduktiven Polizeistaates« als ursächlich für den Ausgang des Referendums an. Rund 20 Prozent der Nein-Wähler kamen aus der republikanischen Wählerschaft.
Auf den ersten Blick überraschen die Zahlen aus West-Kansas, denn die katholische Kirche ist in der Gegend auch wegen der vielen Latinos sehr stark. Gleichzeitig sind sie Ausdruck libertärer Einstellungen auch im Westen des Staates.
Doch nur weil Abtreibung in Kansas legal bleibt, bedeutet dies nicht, dass die entsprechende medizinische Versorgung auch zugänglich wäre. Alle vier Abtreibungskliniken liegen im Osten von Kansas. Für die Frauen im Westen bedeutet das, dass sie nach Denver, Colorado Springs oder Santa Fe müssen. Die Verbotspolitik führe zu einer Art Dominoeffekt, meint Guttmacher-Analystin Nash: »Die Entfernungen werden größer, die Kliniken weniger«. Colorados »Kliniken für geplante Elternschaft« nutzten im gesamten Jahr 2021 lediglich 400 Patientinnen aus Texas. Heute gibt es jeden Monat doppelt so viele Anfragen. Die Wartezeit ist von zwei bis drei Tagen auf drei Wochen angewachsen.
Die Organisation Options bietet als Einzige in Nordwest-Kansas Frauen eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung an. Eine medizinische Untersuchung erfordert häufig eine lange Fahrt nach Wichita oder Denver. Auf den Highways kommt man dabei an großen Schildern vorbei, auf denen »Beten Sie, um die Abtreibungen zu beenden« steht. Das Guttmacher-Institut geht davon aus, dass drei Viertel der Frauen, die in den USA eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, Geringverdienerinnen sind. Kansas bezahlt die Prozedur aber nur in absoluten Ausnahmefällen. Zwar sei die Gefahr einer »Kriminalisierung der Abtreibung« durch das Referendum gebannt. Die anderen Probleme würden aber fortbestehen, betont gegenüber »nd« Jennifer Hecker, Direktorin von Options. Der Kampf um soziale Rechte müsse unvermindert weitergehen.
Die Ärztin Beverly Winikoff von der New Yorker Organisation Gynuity sieht einen vertrackten historischen Zyklus. Dem »nd« sagt sie: »Dieser Konflikt hat eine sehr lange Geschichte. Oft sind die Speerspitzen religiöse Organisationen, die über nationale Grenzen hinweg agieren. Und manchmal beeinflussen diese Gruppen nationale und lokale Regelungen: Es ist ein voll entwickelter Kreuzzug.« Die Erfolge der Abtreibungsgegner hätten Todesfälle von Frauen zur Folge, was dann Gegenkräfte mobilisiere.
In Alabama und Tennessee hatten Referenden wie das in Kansas Erfolg. In Kürze tritt in Tennessee ein drakonisches Abtreibungsverbot in Kraft, Ausnahmen sind nicht einmal in Fällen von Kindesmissbrauch vorgesehen. Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, werden kriminalisiert. Patientinnen aus Tennessee werden sich dann Hilfe außerhalb der Grenzen des Bundesstaates suchen müssen.
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