Keine linke Lösung

Was falsch ist an der Forderung nach einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Der in seiner Partei umstrittene Linke-Politiker Klaus Ernst hat für seine Leib-und-Magen-Forderung nach einer Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 einen neuen Verbündeten: den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. »Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen«, sagte dieser dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Freitag. Wenn ein ausgesprochen Wirtschaftsliberaler dieselbe Meinung bei einem ökonomischen Thema hat, sollte man sich jedoch fragen, ob man gerade noch einen linken Standpunkt vertritt.

Sicher: Die Drosselung der Gasimporte durch Russland führt derzeit zu massiv steigenden Preisen. Doch ist die Frage nach einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 keine ökonomische, sondern eine politische. Es geht dabei darum, zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Stellung zu beziehen. Natürlich kann man da sagen, dass wir es warm haben, ist uns wichtiger als das Schicksal der Ukraine. Dann muss man es sich aber die Antwort gefallen lassen, dass man lieber Geschäfte mit Russland macht, als Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen.

Vor allem unterschlägt die Argumentation von Ernst und Kubicki einen wichtigen Player: den Staat. Steigende Energiepreise werden nur zu einem sozialen Problem, wenn es keinen Ausgleich gibt für jene, die sie sich nicht leisten können. Selbst wenn das Gas tatsächlich knapp werden würde, muss das noch nicht heißen, dass man im Winter frieren muss. Mit einem Anteil von 37 Prozent wird das meiste Gas in der Industrie verbraucht. Warum gibt es keine Diskussion darüber, notfalls die Produktion zu drosseln und dafür großzügige Kurzarbeiterregelungen zu schaffen?

Insofern sollte die Linke für einen heißen Herbst zur sozialen Lösung der Krise sorgen. Gemeinsame Sache mit Neoliberalen zu machen, ist keine Alternative.

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