Friedenszeichen von Myanmars Junta?

Demokratiebewegung traut dem Verhandlungsangebot der Militärs nicht über den Weg

  • Felix Lill
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie geben weiter den Ton an: die Militärs in Myanmar. Es sei nicht ausgeschlossen, lässt das Militärregime in einem Statement wissen, dass man mit Aung San Suu Kyi Verhandlungen aufnehmen werde. Zunächst müssten die Prozesse gegen sie abgeschlossen werden, außerdem müsste sich die 77-Jährige wohl auch kooperativ zeigen. Dann aber würde das Militär Gespräche mit der Friedensnobelpreisträgerin und ihrer Bewegung »erwägen«.

Einem Frieden im südostasiatischen Land stünde dann nichts mehr im Wege. So ist jedenfalls die Sichtweise der Junta, die sich in Myanmar vor gut eineinhalb Jahren an die Macht geputscht hat. Am 1. Februar 2021, als drei Monate nach einem überwältigenden Wahlsieg für die Nationale Liga für Demokratie (NLD) das neugewählte Parlament seine Arbeit aufnehmen sollte, hatten die Militärs neben der Demokratie-Ikone und Staatsrätin Aung San Suu Kyi noch diverse weitere demokratische Politiker festgenommen. Das Militär, dessen Solidaritäts- und Entwicklungspartei kaum Stimmen gewonnen hatte, wollte Wahlbetrug erkannt haben. Seitdem befindet sich das 54-Millionen-Land praktisch im Bürgerkrieg.

Was zunächst mit friedlichen Protesten der demokratisch gesinnten Mehrheit begann, mündete bald in Generalstreiks in diversen Städten im Land. Das Militär versuchte, die Menschen mit rollenden Panzern und schießenden Gewehren zurück zu ihren Arbeitsplätzen zu zwingen. Laut der Hilfsorganisation Politische Gefangene sind seitdem mehr als 15 000 Personen festgenommen und 2200 getötet worden.

Weil sich zahlreiche Menschen früh einer Bewegung des nationalen Ungehorsams anschlossen, wurde auch die vom Militär geprägte Wirtschaft schwer beschädigt. So haben Logistikarbeiter die Lieferungen von Importgütern in die Städte verweigert. Lehrer, Ärztinnen und Pflegekräfte gingen nicht mehr zur Arbeit. Zigaretten- oder Biermarken, die zu einem der vom Militär kontrollierten Konglomerate gehören, wurden boykottiert.

Die akute Krise lässt sich auch an großen Wanderungsbewegungen ablesen. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl von Personen, die innerhalb der Landesgrenzen die Flucht aufgenommen haben, auf mehr als 900 000. In Nachbarländer wie Indien oder Thailand, wohin es vor allem jene Personen zieht, die in Grenzregionen leben, sind demnach mehr als 42 000 Personen geflüchtet.

Zudem berichtet das demokratisch eingestellte Nachrichtenportal Irrawaddy von einem »Braindrain« – dass also vor allem gut ausgebildete junge Menschen dem Land den Rücken kehren. Fotos zeigen lange Schlangen vor Behörden, bei denen man sich für Reisepässe bewerben kann sowie vor Instituten, die ausländische Sprachtests abhalten, die wiederum mehrere Staaten als Bedingungen für ein Visum verlangen.

Dem Militärregime bleibt all dies kaum verborgen. Wohl auch deshalb hat es angekündigt, man sei offen, mit Aung San Suu Kyi über einen möglichen Frieden zu verhandeln. Die im Land weiterhin höchst populäre Politikerin ist seit ihrer Festsetzung am Tag des Putsches in mehreren laut Kritikern fragwürdigen Prozessen zu 17 Jahren Haft verurteilt worden, weitere Urteile könnten folgen. Noch vor einigen Wochen wurden auch Todesurteile gegen bekannte Demokratieaktivisten vollstreckt.

Erst mal hat das Regime dieser Tage zugegeben, dass es sich bei der Machtübernahme im Februar 2021 um einen Putsch handelte – was bis dahin bestritten worden war. Sind diese Schritte als Versuche der Deeskalation zu verstehen oder gar ein Angebot zum Frieden? In der demokratischen Bewegung zeigte sich bisher jedenfalls kaum jemand überzeugt. Es setzt sich stattdessen der Eindruck durch, dass sich mit dem buddhistisch-nationalistisch geprägten Militär Myanmars einfach nicht verhandeln lasse.

Als 2008 eine demokratische Verfassung beschlossen wurde, hatte sich das Militär 25 Prozent der Plätze im Parlament gesichert, womit es diverse Vorhaben blockieren konnte. Der demokratisch gewählten Aung San Suu Kyi waren dadurch in vielen Politikbereichen die Hände gebunden. So fordern nun diverse Gegner des Putschregimes, dass der Kampf um Demokratie nur mit der Beseitigung des Militärs aus der Politik enden könne. Ansonsten gehe er eben weiter.

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