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Retter brauchen selbst Hilfe
Die Krise der Rettungsdienste beruht auch auf Sparpolitik und Krisenangst
Am Ende ist es wie bei den Pflegekräften, den Reinigungskräften, den Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Kinderärzt*innen und vielen anderen auch: Die über Jahrzehnte kaputtgesparte öffentliche Infrastruktur und Daseinsfürsorge ist »nicht krisenfest«, sie verfügt nicht über genügend abrufbare Ressourcen, wenn sich der Bedarf auch nur annähernd verändert. Kaputtgespart heißt aber auch: Vernachlässigung der Nachwuchsausbildung von Rettungskräften, aufgrund von Personalmangel geschlossene Rettungsstellen öffentlicher Kliniken sowie dringend überholungswürdiger Zustand von Technik und Gebäuden.
Dazu kommt die Angst vieler Menschen, dass ihnen im Krankenhaus nicht geholfen werden kann oder dass sie in den regelmäßig überfüllten Notaufnahmen nicht versorgt oder sogar weggeschickt werden. Das ist kein unrealistisches Szenario: Die Kliniken waren und sind heftig überlastet. Diese Situation hat sich im Zuge der Corona-Pandemie noch verschlimmert, zumal einerseits viele Angst hatten, sich dort unter Umständen mit einem Virus anzustecken, das eine weitere schwere Erkrankung verursacht. Auch das führt dazu, dass sich der gesundheitliche Zustand von Menschen verschlimmert und sich dann erst im wirklich unabwendbaren Notfall an die 112 gewandt wird. Auf der anderen Seite sind Menschen im Allgemeinen viel ängstlicher geworden. Vor dem Hintergrundrauschen allgegenwärtiger Krisen scheint vielen das Einschätzungsvermögen dafür abhanden gekommen zu sein, wann es sich wirklich um einen Notfall handelt. Immer mehr Leute sind es gewohnt, dass ihnen per Telefonanruf etwas gebracht wird, sei es nun Pizza oder Pflaster. Schlimm ist zugleich auch, wenn sich Menschen, die zusammen in einem Haus leben, nicht mehr gegenseitig um Hilfe bitten können.
Insofern hat auch die dramatische Situation bei der Berliner Feuerwehr ihre Gründe – und diese sind letztlich dramatisch.
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