Wenn Bürokratie verzweifeln lässt

Transsexuellengesetz und Asylsystem zerstören Leben, meint Nora Noll.

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Tod von Ella war ein „lauter Knall», so beschreibt es ihr Freund Georg Matzel. Ein Knall, der auf allgegenwärtige Diskriminierung, auf strukturelle, verbale und physische Gewalt folgte, die Ella so lange ertragen musste – als Geflüchtete in einer rassistischen und als trans Frau in einer transfeindlichen Welt. Doch anstatt die bürokratischen Absurditäten und Schikanen im Asylsystem wie im Verfahren zur Geschlechtsangleichung zu verändern, die nicht nur Ella, sondern so viele queere Geflüchtete zur Verzweiflung bringen, passiert von politischer Seite: nichts.

Das Transsexuellengesetz, das für eine Personenstandsänderung ein aufwendiges, teures und oftmals entwürdigendes Prozedere vorschreibt, soll zwar abgeschafft und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Doch die Bundesregierung lässt auf sich warten. Währenddessen kriegen transfeindliche Stimmen mehr und mehr Gehör: Hetzerische Diskurse zu vermeintlicher „Kindergefährdung» oder einem „Trans-Trend» verschleiern dann die bittere Realität, dass der aktuelle bürokratische Hürdenlauf Leben zerstört.

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Das Asylsystem funktioniert ähnlich: Jahreslanges Warten auf den Asylbescheid, oft in abgeschiedenen Lagern ohne soziales Netz, konstante Angst vor der Abschiebung. Es fehlt an Geld und an Hoffnung. In Anhörungen beim Bundesamt für Flucht und Migration wird Geflüchteten systematisch nicht geglaubt, die Bundesregierung schiebt weiterhin LGBT-Personen in Länder ab, wo etwa Homosexualität unter Todesstrafe steht. Selbst wenn am Ende des Verfahrens ein positiver Bescheid steht, tragen Geflüchtete nach ihren mitunter traumatisierenden Fluchterfahrungen dann auch eine traumatisierende Asyl-Erfahrung mit davon.

Jedes System für sich genommen ist furchtbar – gleichzeitig für das Recht auf Asyl und das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung kämpfen zu müssen, unvorstellbar. Wenn Deutschland nichts an den bürokratischen Bedingungen ändert, nimmt es das Sterben von schutzsuchenden Menschen in Kauf.

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