Dann halt wieder Wahlkampf

Rot-Grün-Rot trägt mögliche Wahlwiederholung mit Fassung

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

An einem erneuten berlinweiten Wahlkampf scheint kein Weg vorbeizuführen. Am Mittwoch hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof bei einer mündlichen Verhandlung zur Gültigkeit der Wahl vom 26. September 2021 überraschend deutlich eine komplette Wiederholung in Betracht gezogen und die Politik damit aufgeschreckt. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl habe es eine Vielzahl schwerer Fehler gegeben, erklärte Präsidentin Ludgera Selting die vorläufige Einschätzung des Gerichts, die noch kein Urteil bedeutet.

Da die von Pannen überschattete Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus höchstwahrscheinlich in Gänze wiederholt werden muss, will unter anderem die Linke ihre Wahlkampfvorbereitungen neu justieren. Man werde sich »auf eine komplette Wiederholungswahl fokussieren«, sagte Landesgeschäftsführer Sebastian Koch am Donnerstag. Mit einer Kampagne werde man starten, sobald ein Wahltermin bekanntgegeben sei.

Ein Problem dürfte für die Linke wie auch für alle anderen Parteien die Finanzierung eines weiteren Wahlkampfes sein. »In der Regel wird die Wahlkampfkasse zwischen den Wahlen aufgefüllt. Wir werden den Wahlkampf aber durch einen Griff in unsere Rücklagen stemmen können«, sagte Koch.

Berlins stellvertretende Regierungschefin Bettina Jarasch (Grüne) will sich trotz der möglichen Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus auf die Sachthemen konzentrieren. »Wir stehen vor einem heftigen Krisenwinter und tragen als Senat die Verantwortung dafür, dass wir jetzt nicht in einen Stillstand geraten«, sagte die Senatorin für Umwelt und Verkehr am Donnerstag. So gelte es unter anderem, ein Entlastungspaket zu schnüren und einen Nachtragshaushalt aufzustellen. »Das letzte, was die Berlinerinnen und Berlin jetzt brauchen, ist gegenseitige Wahlkampfblockade«, betonte Jarasch.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat für den Fall einer Wahlwiederholung eine umfassende Vorbereitung zugesagt, damit es nicht wieder zu Pannen kommt. »Ich kann das nicht ungeschehen machen, was dort passiert ist, aber ich kann dafür sorgen – jetzt, wo ich politische Verantwortung habe –, dass das nicht nochmal passiert und dass wir gut aufgestellt, gut organisiert in eine solche Nachwahl oder Wiederholungswahl gehen«, sagte Giffey am Donnerstag in Cottbus. »Wir haben ja einen neuen Landeswahlleiter eingesetzt, wir haben den Bericht der Expertenkommission ausgewertet, bereiten entsprechend alles vor, was dafür notwendig ist.«

Die Regierende Bürgermeisterin betonte, die Entscheidung darüber liege beim Verfassungsgerichtshof. Am Mittwoch habe es eine erste Einschätzung dazu gegeben, die schon »zeigt, wo es hingehen wird«, sagte Giffey. Der Senat werde alles tun, um das Verfahren am Verfassungsgericht gut zu begleiten. »Mit der Entscheidung des Gerichts werden wir verantwortungsvoll und professionell umgehen und diese respektieren«, sagte Giffey laut Senatskanzlei. Sie verwies auch darauf, dass sie zum Zeitpunkt der vorigen Wahl »nicht in politischer Verantwortung«, sondern Kandidatin gewesen sei.

Giffey erklärte, trotz aller Fragen um eine Wiederholungswahl müsse die Bewältigung der Energiekrise, der Corona-Pandemie und der Flüchtlingssituation im Mittelpunkt stehen. »Der Fokus muss sein, dass wir jetzt unsere Bevölkerung gut durch diese Krise bringen«, sagte die SPD-Politikerin. Es gehe um einen Energiepreisdeckel, um Entlastungen, um Wirtschaftshilfen, ein industriepolitisches Konzept und um die Frage, wie soziale Träger erhalten und wie die Menschen entlastet werden könnten.  Mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal