Langsam wird es peinlich

Warum die 200 Milliarden Euro an der Glaubwürdigkeit der FDP kratzen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Christian Lindner hat anscheinend Twitter für sich entdeckt. Der Bundesfinanzminister meint, permanent seine Sicht der Dinge über die soziale Plattform unters Volk bringen zu müssen. Langsam, aber sicher wird das peinlich. Denn nicht nur die Grünen, auch Lindner und seine FDP müssen sich in der Ampel-Koalition kräftig verbiegen.

»Der Bundestag hat soeben den 200 Milliarden Euro #Abwehrschirm auf den Weg gebracht. In diesem Energiekrieg müssen wir unsere wirtschaftliche Stärke nutzen, um sie dauerhaft zu erhalten«, twitterte Lindner quasi live aus dem Bundestag und verschwieg dabei, dass die Ampel damit die Schuldenbremse mal wieder umgeht. Das ist ökonomisch auch gar nicht falsch. Alle einigermaßen seriösen Ökonomen raten in Krisenzeiten zu schuldenfinanzierten Konjunkturmaßnahmen des Staates. Doch das ist eigentlich nicht Lindners Sicht der Dinge. Mit Händen und Füßen versucht der FDP-Mann sein Wahlversprechen zu verteidigen, dass der Bund 2023 wieder zurück zur Schuldenbremse kommt. Er behauptet sogar, dass damit die Inflation bekämpft würde. Was einigermaßen abwegig ist, weil die Gaspreisbremse, für die die 200 Milliarden Euro eingeplant sind, gerade dazu dient, die Inflation im Zaum zu halten.

Vor allem aber ist der nun beschlossene Sonderfonds die x-te Ausnahme von der Schuldenbremse, die die FDP in noch nicht mal einem Jahr an der Regierung durchwinkte. Dies begann schon beim Koalitionsvertrag – etwa mit dem darin festgeschriebenen Klimafonds – und setzte sich seit dem Beginn des Ukraine-Krieges fort. Zum Beispiel mit dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr. Vielleicht sollte Lindner sich deshalb endlich mal ehrlich machen und die Schuldenbremse auch offiziell aufgeben. Doch ob sich Twitter dafür eignet, ist fraglich.

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