• Politik
  • Tarifstreit in der Metall- und Elektroindustrie

Konsequenz Warnstreiks

Der Tarifstreit in der Metall- und Elektrobranche soll härter als sonst werden

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Tarifkonflikte in Krisenzeiten sind für Gewerkschaften eine schwierige Sache. Sie sind dann meist in der Defensive. Doch die derzeitige Energiekrise macht einen Unterschied: Bei hohen Inflationsraten brauchen die Menschen mehr Geld in der Lohntüte. Gleichzeitig hat die Krise noch keine Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Im Gegenteil: Fachkräftemangel ist das bestimmende Thema, nicht Massenentlassungen. So könnte der Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie härter als sonst werden. Die IG Metall kündigte bereits Warnstreiks fürs Wochenende an.

Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach acht Prozent mehr Lohn in die Verhandlungen für die bundesweit rund 3,8 Millionen Beschäftigten der Branche gegangen. In der dritten Verhandlungsrunde am Donnerstag und Freitag legten die Arbeitgebervertreter*innen nun endlich das erste Angebot vor, nachdem sie lange gemauert hatten. Die Gewerkschaftsvertreter*innen lehnten es teils mehr, teils weniger diplomatisch ab – und kündigten Arbeitskampfmaßnahmen an. Die ersten Arbeitsniederlegungen wird es bereits in der Nacht zum Samstag geben. Denn am Freitag endete die Friedenspflicht.

Das Angebot der Arbeitgeber war eine steuer- und abgabenfreie »Inflationsausgleichsprämie« von 3000 Euro sowie eine spätere, noch unbezifferte Erhöhung in den Gehaltstabellen. Das alles bei einer recht langen Laufzeit von 30 Monaten, während die IG Metall den Tarifvertrag nur zwölf Monate laufen lassen will. »Wer aus taktischen Gründen nur Almosen bietet, hat die Konsequenzen zu tragen«, kommentierte der IG-Metall-Verhandlungsführer für den Tarifbezirk Mitte, Jörg Köhlinger, das Angebot. »Das Angebot ist mehr als ausbaufähig und wird der Leistung der Metallerinnen und Metaller bei Weitem nicht gerecht. So ist die Tarifrunde nicht zu lösen«, erklärte Roman Zitzelsberger.

Zitzelsberger ist IG-Metall-Verhandlungsführer im wichtigen Tarifbezirk Baden-Württemberg. Dieser war bei vergangenen Tarifverhandlungen meist Pilotbezirk für die insgesamt sieben Tarifbezirke in Deutschland. Das heißt, dass sich die Tarifparteien dort als erstes auf einen Abschluss einigen und der dann auf die anderen Bezirke übertragen wird. Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass Zitzelsberger nächstes Jahr Jörg Hofmann als IG-Metall-Chef beerben will.

Laut Zitzelsberger bedeutet das Angebot der Arbeitgeber*innen umgerechnet auf das Medianeinkommen »nicht mal eine zweiprozentige Erhöhung«. Für die Beschäftigten würde damit also ein massiver Kaufkraftverlust herauskommen. Die Bundesregierung geht für dieses Jahr von einer Inflationsrate von 8,0 und für nächstes Jahr von 7,0 Prozent aus. Unterdessen behaupten die Arbeitgeber*innen, dass es nicht mehr zu verteilen gibt. Die Rahmenbedingungen hätten sich weiter verschlechtert, sagte Harald Marquardt, Verhandlungsführer für Südwestmetall.

Für Mitte November ist in den Bezirken eine vierte Verhandlungsrunde angekündigt. Wie es dann weiter geht, wird sich zeigen. »Wir machen kein Geheimnis daraus, dass wir uns auf eine konfliktäre Auseinandersetzung vorbereiten. Wir denken auch verschiedene Szenarien und somit unterschiedliche Schärfegrade der Eskalation durch«, sagte Zitzelsberg und ließ durchblicken, dass es in diesem Tarifkonflikt nicht bei bloßen Warnstreiks bleiben könnte.

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