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Fehlender Nachwuchs an Berufsschulen verschärft Fachkräftemangel in Brandenburg

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Ramona Schröder ist es jetzt schon das dritte Jahr in Folge, in dem sich die Situation an Brandenburgs Berufsschulen verschlechtert. Wie die Leiterin der Potsdamer Arbeitsagentur am Mittwoch bei einer Pressekonferenz zur Ausbildungsbilanz bekannt gab, hat auch im Zeitraum 2021/2022 die Zahl der Bewerber abgenommen, während das Angebot der Ausbildungsplätze steigt. 

Mit rund 14 500 angebotenen Ausbildungsstellen seien derzeit in Brandenburg rund 400 Plätze mehr vorhanden als noch im Vorjahr. Dem gegenüber stünden rund 12 500 Bewerber, rund 300 weniger als im Vorjahr. Auf 100 unbesetzte Ausbildungsplätze kämen somit 42 unversorgte Bewerber. Vor zwei Jahren habe das Verhältnis noch 100 zu 72 betragen. Etwa jeder vierte Beschäftigte in Brandenburg ist laut Schröder älter als 55 Jahre und wird innerhalb der kommenden zehn Jahre in das Pensionsdasein wechseln. Besonders dramatisch sei die Lage im Hotel- und Gaststättengewerbe, dem es erheblich an Nachwuchs fehle.

Von derzeit etwa 74 000 als arbeitslos registrierten Menschen in Brandenburg (Quote: 5,5 Prozent) sind inzwischen mehr als 21 Prozent Ukrainer. Doch für Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ist seitens ausländischer Arbeitskräfte keine grundsätzliche Lösung des Fachkräftemangels in Brandenburg zu erwarten, sie könnten lediglich hier und da entlastend wirken. Was an Arbeitskräften nicht vorhanden sei, müsse stattdessen mit technologischem Fortschritt kompensiert werden, um die Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten. In wenigen Jahren werde jeder fünfte Arbeitsplatz seinen Charakter, etwa durch die Digitalisierung, verändert haben.

Bei der dualen Ausbildung sieht Steinbach ein großes Imageproblem. Er spricht von einer »gläsernen Wand«, die immer noch Berliner Bewerber davon abhalte, in Brandenburg eine Lehre zu beginnen. Der »Speckgürtel« werde von Berlinern gerade noch als möglicher Ausbildungsort in Betracht gezogen, entferntere Gebiete in der Regel nicht.

Arbeitsagentur-Chefin Schröder wünscht sich deshalb Möglichkeiten, den Führerschein früher erwerben zu können als bisher. Das würde die Flexibilität junger Menschen erhöhen und ihren Radius vergrößern. Hinzu müsse die Gewissheit kommen, beim Lohn oder Gehalt nicht benachteiligt zu sein. Bildungsministerin Ernst hingegen verwies auf die Verantwortung der Schulen in Brandenburg, die nach den Eltern den größten Einfluss auf die Entscheidungsfindung junger Menschen haben. Ziel müsse sein, unversorgte Jugendliche so lange zu begleiten, bis sie eine sichere berufliche Perspektive haben. »Dann können wir sie in die Freiheit entlassen.« 

Allerdings ist selbst ein abgeschlossener Ausbildungsvertrag keine Gewähr dafür, dass die Ausbildung auch durchgehalten wird: Laut Arbeitsagentur wird allein im ersten Lehrjahr jeder vierte Vertrag wieder gelöst.

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