Koalition streitet über geplante Abschiebungen nach Moldau

Innensenatorin verteidigt Winterdeportationen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Regierungskoalition streiten Linke und Grüne mit der SPD über Abschiebungen im Winter. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will wegen der vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die Unterkünfte bräuchten, Flüchtlinge, die aus der Republik Moldau stammen sollen, weiterhin abschieben. Insgesamt seien 3200 Moldawier*innen ausreisepflichtig, sagte sie am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. 600 sollen noch in diesem Jahr abgeschoben werden. Die Republik Moldau habe zugestimmt, die Menschen wieder aufzunehmen. Die Bundesregierung zahle 32 Millionen Euro zur Unterstützung vor Ort. »Unser humanitäres Anliegen sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und die müssen wir unterbringen«, erklärte Spranger.

Linke-Vorsitzende Katina Schubert widersprach im Ausschuss scharf. »Wir haben einen Koalitionsvertrag, wo wir einen Winter-Abschiebestopp vereinbart haben. Ich muss mich sehr wundern, dass offensichtlich die Innensenatorin hier den Koalitionsbruch verkündet.« So gehe das nicht. Das werde im Senat ein Thema werden, kündigte Schubert an. Auch die Grünen beschwerten sich auf Sprangers Äußerungen hin. »Es reicht jetzt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, im Winter aus humanitären Gründen keine Abschiebungen durchzuführen. Diese Verabredung gilt weiterhin auch für Abschiebungen nach Moldau«, erklärten die Landesvorsitzenden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai.

Die Situation erscheint bizarr, weil der an die Ukraine angrenzende ehemalige Sowjetstaat seit dem Februar einen sehr großen Teil ukrainischer Flüchtlinge aufgenommen hat, die versuchen, sich dort möglichst nah an ihrem Zuhause vor dem russischen Angriffskrieg in Sicherheit zu bringen. Die Republik Moldau stemmt als eines der ärmsten Länder in Europa einen Großteil der damit verbundenen humanitären Krise. Auch daher suchen viele Moldawier*innen Schutz in anderen Ländern wie Deutschland. Zugleich ist die Hoffnung auf eine EU-Mitgliedschaft, die in diesem Jahr beantragt wurde, groß genug, um auf finanzielle Deals einzugehen. Ob sich den Abgeschobenen eine Perspektive im Land bietet, ist dafür nicht erheblich.

Weiterhin dürfte es sich bei vielen der Menschen, die die SPD-Politikerin abschieben will, um Romn*ja handeln, die in ihren Asylverfahren häufig eine Wiederholung der Diskriminierung erfahren, die sie dazu bewogen hat, in Deutschland Schutz zu suchen.

In Berlin wurden seit Ende Februar für mehr als 85 000 Menschen aus der Ukraine Aufenthaltsanträge gestellt. Dazu kamen rund 12 000 Asylanträge anderer Flüchtlinge, vor allem aus Moldawien. Im Winter könnte nach Schätzungen eine weitere Million Ukrainer nach Deutschland kommen. mit dpa

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