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»Die Arbeit eines Betriebsrates zu behindern, ist illegal«
Pascal Meiser (Linke) über Angriffe gegen Betriebsräte und Parlamentspolitik im Sinne von Beschäftigten und Arbeitnehmerrechten
Im Koalitionsvertrag der Ampel steht: »Die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung stufen wir künftig als Offizialdelikt ein.« Inhalt und Zeitplan seien allerdings abzuwarten, so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Was können wir von dem Vorhaben erwarten?
Pascal Meiser ist Mitglied der Fraktion Die Linke im Bundestag und deren gewerkschaftspolitischer Sprecher. Meiser hält das Mandat seit 2017 für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
Das Gespräch führte Christian Lelek.
Es ist einer der wenigen Lichtblicke im Koalitionsvertrag, dass Straftaten nach dem Betriebsverfassungsgesetz zu einem Offizialdelikt werden sollen. Das heißt, wenn Arbeitgeber die Gründung oder die Arbeit eines Betriebsrats aktiv stören und eine Staatsanwaltschaft davon Kenntnis erlangt, muss diese von sich aus Ermittlungen aufnehmen. Eine Anzeige wäre dafür nicht mehr zwingend nötig. Das kann aber nur ein Baustein sein. Wir brauchen insgesamt stärkere Rechte bei der Durchsetzung der Interessen der Beschäftigten. Wir brauchen Mitbestimmung durch Belegschaften und ihrer Betriebsräte, die weit über die bisherigen Tatbestände hinausgeht und auch zentrale wirtschaftliche Entscheidungen wie Investitionen oder die Verlagerung und Schließung von Standorten nicht länger ausklammert.
Im Berliner Abgeordnetenhaus haben ihre Parteikolleg*innen einen Antrag eingebracht, zukünftig Schwerpunktstaatsanwaltschaften gegen Union Busting zu bilden. Wie schätzen Sie den Spielraum der Länder diesbezüglich ein?
Der Berliner Koalitionsvertrag sieht vor, innerhalb der Staatsanwaltschaften eine Schwerpunkteinheit zu bilden. Diese soll sich mit Straftaten nach dem Betriebsverfassungsgesetz befassen. Das ist für die Praxis wichtig, weil die Strafverfolgung in Länderhoheit liegt. Die Gründung oder Arbeit eines Betriebsrats zu behindern, ist heute schon illegal. Aber die meisten angezeigten Fälle werden eingestellt. Das hat auch damit zu tun, dass die Staatsanwaltschaften in diesem Bereich nicht besonders geschult sind. Insbesondere wenn Straftaten nach dem Betriebsverfassungsgesetz auf Bundesebene zu einem Offizialdelikt gemacht werden, muss es sensibilisierte und spezialisierte Stellen in den Staatsanwaltschaften geben, die von sich aus aktiv werden.
Der Einfluss von Gewerkschaften und Betriebsräten nimmt ab. Inwiefern kann Politik bei der Umkehr dieses Abwärtstrends eine Rolle spielen?
Es ist kein Entweder-oder, sondern immer ein Wechselspiel zwischen gesetzlichen Mindeststandards und von durchgesetzten tariflichen Standards. Hohe gesetzliche Mindeststandards sind gut, weil Gewerkschaften mit ihren Tarifforderungen dort draufsatteln können. Wir sehen, dass das auch jetzt im Nachgang der Mindestlohnerhöhung passiert.
Zudem hängt die Durchsetzungsfähigkeit von Gewerkschaften vom gesetzlichen Rahmen ab. Wenn wir zum Beispiel nur noch befristet Beschäftigte haben, wird es schwieriger, Beschäftigte zu mobilisieren, zu streiken und damit Forderungen durchzusetzen.
Welcher gesellschaftliche Wert lässt sich aus der konkreten Interessenselbstvertretung der Arbeiter*innen ableiten?
Dort, wo sich Beschäftigte zusammenschließen und ihre Interessen vertreten, entsteht Gegenmacht zur Kapitalseite. So kann im besten Fall die soziale Spaltung verringert und die Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands gerechter gestaltet werden. Hinzu kommt ein allgemein demokratisierendes Moment: Wenn das Arbeitsleben nur nach dem Kommandoprinzip funktionieren würde und einzig der Unternehmer sagt, wo es langgeht, dann hat das mit Demokratie nicht viel zu tun.
Sie treffen eine Arbeiterin auf der Straße. Sie will nicht in eine Gewerkschaft eintreten, da diese aufgrund ihrer Schwäche nicht in ihrem Sinne Einfluss nehmen könnte. Außerdem hätten die aktuellen Tarifabschlüsse gezeigt, dass ihr Handeln zunehmend am Interesse der arbeitenden Bevölkerung vorbeiginge – Stichwort Reallohnverluste. Was entgegnen Sie?
Tritt auf jeden Fall in die Gewerkschaft ein, auch wenn du nicht mit allem zufrieden bist, was die Gewerkschaften machen. Dort, wo es starke Gewerkschaften gibt, sind die Löhne deutlich höher. Aktuell lebt man im Schnitt mit Tarifvertrag um 600 Euro im Monat besser. Aber nichts führt daran vorbei, selbst aktiv für seine Interessen in und mit der Gewerkschaft zu kämpfen. Gewerkschaften sind nur so stark, wie sie Mitglieder haben, die sich aktiv beteiligen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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