Notunterkunft nach Brand nicht benutzbar

120 Obdachlose müssen angesichts niedriger Temperaturen untergebracht werden

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist das Thema des Vormittags unter der S-Bahn-Brücke an der Station Frankfurter Allee. »Für mich war das Brandstiftung«, sagt einer der dort im kalten Wind sitzenden obdachlosen Männer. Die anderen drei Menschen um ihn herum nicken. Nein, dort geschlafen haben sie in dieser Nacht nicht in der von der Berliner Stadtmission betriebenen Notunterkunft am Containerbahnhof hinter dem Ring-Center, auch genannt Halleluja. »Aber es hat erst oben an der Halle gebrannt und dann hier unten neben dem Eingang zum S-Bahngleis. Das kann doch kein Zufall sein«, erklärt der junge Mann.

Um 6.30 Uhr war die Feuerwehr alarmiert worden. Demnach hatte ein Container neben der Traglufthalle gebrannt, der die Strom- und Heizversorgung regelt. Dadurch habe der Strom gefehlt, um die Decke der Traglufthalle weiter oben zu halten, sodass diese langsam herabgesunken war. Etwa 120 Menschen mussten daraufhin evakuiert werden. Die Halle selbst habe nicht gebrannt und es habe keine Verletzten gegeben. Der Brand wurde laut Feuerwehr am Montagmorgen gelöscht. Barbara Breuer, Sprecherin der Stadtmission, war um 8 Uhr vor Ort. »Das ist der Zeitpunkt, an dem die Gäste die Notunterkunft jeden Tag verlassen müssen«, erklärt sie gegenüber »nd«. Die Evakuierungsbusse der BVG und der Kältehilfe hätten insofern die Menschen nur noch kurze Zeit beherbergt. »Die meisten Gäste waren entspannt«, berichtet Breuer.

Man habe sich bereits seit Freitag in einer Art Alarmbereitschaft befunden, weil schon in der Nacht aufgrund eines kurzzeitigen Stromausfalls die Halle kurz zusammengesunken war. Aus diesem Grund sei auch der entsprechende Container von den Sicherheitsleuten mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht worden und der Brand wurde sehr schnell entdeckt.

Für die Stadtmission geht es am Montag nun vor allem darum, im Hinblick auf die Unterbringung in den kommenden Nächten Plätze für die zum Großteil regelmäßigen Gäste der Notunterkunft zu finden. »Wir haben schon einige Angebote bekommen«, berichtet Breuer. Aber gerade angesichts der derzeitigen Temperaturen sei dies keine leichte Aufgabe. Man werde zum Montagabend Busse der Kältehilfe und Informationen für diejenigen vor Ort haben, die am Containerbahnhof Unterkunft suchen, so die Sprecherin. »Es wird niemand, der kommt, auf der Straße schlafen müssen.« Wann die Halle wieder in Betrieb genommen werden kann, ist unklar.

Wie der zuständige Friedrichshain-Kreuzberger Sozialstadtrat Oliver Nöll (Linke) erklärt, sei noch unklar, bis wann die bei dem Brand beschädigte Technik ersetzt werden könne. »Solche Module sind europaweit gerade stark nachgefragt«, erklärt Nöll. Er sei im Austausch mit der zuständigen Senatsverwaltung für Soziales, die berlinweit den Überblick über Unterkünfte hat. 70 Menschen habe man bereits sicher untergebracht, sagte Nöll dem »nd« am Montagmittag. »Es ist absolut misslich, dass mit der Halleluja ausgerechnet jetzt einer unserer größten Anbieter vom Netz geht«, erklärt der Sozialstadtrat. Man werde über die kommenden Tage Lösungen finden müssen. Eine Brandstiftung will Nöll nicht in Betracht ziehen, aber auch den Ermittlungen nicht vorgreifen.

Diese laufen noch, sagt Polizeisprecherin Heidi Vogt. Auch sie geht allerdings von einem technischen Defekt aus.

»In der vergangenen Nacht hatten die Kälte-Busse bereits 64 Anrufe«, berichtet Stadtmissionssprecherin Breuer. Das heißt, die Zahl derjenigen, die derzeit eine Notunterkunft brauchen, wird angesichts der angekündigten niedrigen Temperaturen weiter zunehmen.

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