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Nachvollziehbarer Boykott

Mirco Keilberth zu den Parlamentswahlen in Tunesien

  • Mirco Keilberth
  • Lesedauer: 1 Min.
Gähndende Leere vor einem Wahllokal. Nicht einmal jeder zehnte Tunesier ging am Samstag zur Parlamentswahl.
Gähndende Leere vor einem Wahllokal. Nicht einmal jeder zehnte Tunesier ging am Samstag zur Parlamentswahl.

Die Parlamentswahlen am Samstag haben gezeigt, dass die Tunesier ihren politischen Kompass nicht verloren haben. Größtenteils haben sie die Abstimmung boykottiert, weniger als ein Zehntel der Menschen nahm teil. Dies ist auch Ausdruck des Protests gegen die Eliten des Landes. Zusammen mit der stetig wachsenden Kaste der Bürokraten verhinderten sie nämlich bisher dringend nötige Reformen. Das Resultat dieser Blockade ist, dass immer mehr Menschen Tunesien verlassen.

Aus Angst vor illegaler Migration macht es die Europäische Union den Ausreisewilligen schwerer denn je, nach Europa zu kommen. Doch nur mit deren internationaler Vernetzung kann Tunesien der zurückkehrenden Autokratie Paroli bieten. Viele Tunesier hoffen, dass Saieds Präsidentschaft nur eine kurze Episode in dem langjährigen Übergangsprozess zur Demokratie sein wird. Die EU darf nicht ihren Fehler vom Balkan wiederholen und einem Land wegen der Unfähigkeit der Eliten die kalte Schulter zeigen. Auch um die Frage der Migration zu lösen, muss Tunesien eine langjährige Partnerschaft angeboten werden. Das ist die Botschaft des Boykotts der tunesischen Wähler.

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