Zwischen Frühstück und Entenbraten

Für erfolgreiche Integrationsarbeit erhält ein interkulturelles Musikprojekt in Potsdam 5000 Euro

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Weihnachtsbescherung im Potsdamer Milanhorst: Kurz nach der Frühstückszeit hat Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) am Dienstagvormittag einen Förderbescheid an das interkulturelle Musikprojekt »Heimatsounds« übergeben. Im weihnachtlich geschmückten Gastraum des Wohngebietskubs Friedrich-Reinsch-Haus wurde der aus Lottomitteln finanzierte Scheck in Höhe von 5000 Euro dankbar entgegengenommen.

Gegenüber »Heimatsounds«-Projektleiter Christian Leonhardt begründete Ministerin Schüle die Bewilligung der Gelder mit der erfolgreichen Integration von Einwanderern durch das gemeinsame Singen. Auf diese Weise werde Menschen in verhältnismäßig kurzer Zeit ermöglicht, Teil der Gemeinschaft zu werden, in der sie neuerdings leben. Das Projekt »Heimatsounds« sei beileibe keine Eintagsfliege, sondern quicklebendig. Es habe mit bedeutenden Veranstaltungen in Potsdam auf sich aufmerksam gemacht. Dabei seien beachtliche Summen für in Not lebende Menschen in der Ukraine eingeworben worden.

Unter dem Dach von »Heimatsounds« singen Menschen, die unter anderem aus der Ukraine, Syrien, Griechenland und dem Iran stammen. »Vorurteile entstehen durch Unwissenheit«, unterstrich Schüle. Initiativen, wie »Heimatsounds« eine ist, führen Menschen verschiedener Herkunft zusammen und fördern das Kennenlernen, ist sie überzeugt.

Laut Schüle engagieren sich einige zum Teil schon seit Jahrzehnten. Als Beispiel nannte die Ministerin das Integrationscafé der Familie Kruse im Potsdamer Stadtteil Babelsberg, das auch einen Umzug in neue Räume »überlebt« habe und »immer noch da« sei. Sie lobte die Beharrlichkeit, die gebraucht werde: »Es hat nicht aufgehört, es gibt immer neue Menschen, die sich bei uns integrieren wollen.« Der Krieg zeige, »dass wir beieinander bleiben müssen«. Es sei erstaunlich, wie hoch die Spendenbereitschaft und die Hilfsbereitschaft auch nach vielen Monaten noch ist. Im März, einige Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, hat »Heimatsounds« vor dem Brandenburger Tor in Potsdam ein großes Benefizkonzert mit 700 Zuhörern gegeben. Während Friedenslieder aus verschiedenen Ländern erklangen, wurden rund 8000 Euro für Hilfsprojekte in der Ukraine gesammelt. Der bekannte Liedermacher Gerhard Schöne konnte später für ein Programm von »Heimatsounds« gewonnen werden. Auch auf der Potsdamer Freundschaftsinsel wurde gespielt.

Projektleiter Christian Leonardt teilte mit, dass einmal wöchentlich im Potsdamer Kunst- und Veranstaltungszentrum »Waschhaus« ein gemeinsames Singen stattfindet, an dem sich auch Kinder verschiedener Herkunft beteiligen. Es sei leider wenig wahrscheinlich, dass der Krieg im Februar 2023 zu Ende ist. Für den Jahrestag des Kriegsbeginns kündigte Leonhardt ein Friedensprogramm an, das von »Heimatsounds« erarbeitet werden solle. In diesem Rahmen werden die persönlichen Geschichten vieler Projektteilnehmer und ihre Musik in einem Hörspiel zusammengefasst.

Das Friedrich-Reinsch-Haus ist ein Wohngebiets-Treffpunkt, der sich während der Fördermittelübergabe auf ein mittägliches Entenessen für 50 Anwohner vorbereitete. Als Träger fungiert die kommunale Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam. Sie unterhält verschiedene Treffs im Stadtgebiet, vor allem dort, wo der kommunale Wohnungsbestand vorherrschend ist.

So gibt es im Stadtteil Drewitz das Haus »Oskar«. Diese Form der Wohngebietsarbeit sei günstig, weil es viele Ideen gebe, aber »nicht jeder einen eigenen Verein gründen« könne, erläuterte Daniel Beermann, Geschäftsführer der gemeinnützigen Soziale Stadt Pro Potsdam GmbH.

Klubleiterin Doreen Wagner nannte das Friedrich-Reinsch-Haus ein »Wohnzimmer für den Stadtteil Schlaatz«. Der Treffpunkt werde angenommen, man könne das Haus für private Veranstaltungen mieten. Seit der Coronakrise wird zweimal in der Woche ein Mittagessen für Menschen aus der Umgebung angeboten. Das nennt sich Treff am Suppentopf. Mit dem unweit gelegenen Bürgerhaus am Schlaatz (einst gebaut als größter FDJ-Jugendklub des Bezirks Potsdam) kooperiere ihr Haus bei verschiedenen Gelegenheiten.

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