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US-Polizei will europäische Biometriedaten
Die visafreie Einreise in die USA wird an eine neue Vorschrift gekoppelt
Die Einreise im Programm für visumfreies Reisen in die USA erhält eine neue Vorschrift. Die teilnehmenden 40 Länder müssen dem US-Heimatschutzministerium den direkten Zugriff auf dort gespeicherte Fingerabdrücke und Gesichtsbilder erlauben. So steht es in einem Brief, den die Regierung in Washington im Februar auch an fast alle EU-Staaten geschickt hat.
Die neue Regelung wird als »Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit« (EBSP) bezeichnet. Die US-Grenzpolizei will die biometrischen Daten zur verbesserten Grenzkontrolle sowie zur Strafverfolgung nutzen. Bei der Einreise erfolgt dann eine automatisierte Abfrage, ob die Person in polizeilichen oder migrationsbezogenen US-Datenbanken auftaucht. Im Falle eines Treffers sollen die Beamten die Datensätze dann selbst abrufen dürfen.
Ein solcher Pull-Zugriff auf nationale Datenbanken ist außergewöhnlich und wird normalerweise auch unter befreundeten Staaten nicht gewährt. In Deutschland beträfe dies die INPOL-Datei, die beim Bundeskriminalamt zentral geführt wird. Die Polizeien der Länder und des Bundes haben dort Fingerabdrücke und Gesichtsbilder von derzeit 3,6 Millionen Menschen gespeichert. Dabei handelt es sich größtenteils um Verdächtige von Straftaten, die nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung in der Datei landeten. Fast die Hälfte aller Einträge betrifft außerdem Personen, die nach einem abgelehnten Asylantrag ausreisepflichtig sind.
2006 verlangte die US-Regierung bereits, im Programm für visumfreies Reisen nur noch biometrische Reisepässe zu benutzen. 2008 wurde zusätzlich das ESTA-System zur Voranmeldung des Grenzübertrittes eingeführt. Ab 2027 soll auch die Teilnahme an dem neuen Biometrie-Programm verpflichtend werden. Reisende aus Staaten, die die neue Vorschrift nicht umsetzen, müssten dann für die USA wieder ein Visum beantragen.
Das visumfreie Reisen beruht auf Gegenseitigkeit, deshalb müsste auch die neue Vorschrift für alle beteiligten Staaten gelten. Die US-Regierung bot deshalb Zugang zu ihrem »Internationalen Biometrieaustauschprogramm« an. Dort sind rund 270 Millionen Personen vorwiegend aus Drittstaaten gespeichert, die von Polizei und Geheimdiensten als gefährlich erachtet werden oder in den USA erfolglos Schutz gesucht hatten.
In Brüssel wird nun diskutiert, welche Rolle die EU-Kommission und der Rat, in dem sich die 27 Mitgliedstaaten zusammenschließen, im Rahmen des EBSP spielen sollen. Es handelt sich zwar jeweils um bilaterale Abkommen unter einzelnen Regierungen, zweifellos ist aber das EU-US-Visa-Regime und das europäische Datenschutzrecht davon betroffen.
Aus diesem Grund hatte die französische Ratspräsidentschaft der US-Regierung im Namen aller EU-Mitglieder geantwortet. Frankreich und die Kommission haben anschließend einen »technischen Dialog« zum EBSP begonnen, Ergebnisse daraus sind nicht bekannt.
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