Werbung

Anleitung zum Politikfrust

Wolfgang Hübner über die neueste Wendung rund um die Berlin-Wahl

Auf den ersten Blick könnte man sagen: Mit der Entscheidung, die Wiederholungswahl für das Berliner Abgeordnetenhaus am 12. Februar nicht zu stoppen, hat das Bundesverfassungsgericht Berlins Bürgern und Behörden Sicherheit verschafft. Schließlich läuft der Wahlkampf, und die Briefwahl hat längst begonnen. Der umstrittene Wahlgang findet statt, und hoffentlich hat die Hauptstadt für den Rest der Legislaturperiode bis 2026 in dieser Beziehung ihre Ruhe. Wobei die Betonung auf diesem Wort liegt: hoffentlich.

Denn auf den zweiten Blick sind viele Fragen offen. Die Verfassungsrichter wiesen nur den Eilantrag gegen den Wahltermin zurück. Weiter geprüft wird die Frage, ob die Wahl – inklusive Abstimmungen zu den Bezirksparlamenten – wirklich komplett wiederholt werden muss oder ob eine teilweise Neuwahl genügt hätte. Das ist die Unsicherheit, die über diesem erneuten Wahlgang liegt: Wird das Votum überhaupt Bestand haben? Und was wird aus der teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin?

Für Berlinerinnen und Berliner stellt sich die Sache nun so dar: Nach der Katastrophenwahl vom Herbst 2021 regiert ein Senat etwa ein Drittel der Wahlperiode, dann heißt es: Kommando zurück. Was die Stimme vom 12. Februar wert sein wird, kann derzeit niemand genau sagen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass noch eine dritte Wahlrunde folgt. Würde angesichts dieser Art des betreuten Wählens jemand dagegen wetten, dass die Wahlbeteiligung deutlich sinkt?

Vom Ende aus betrachtet: Wenn jemand eine Strategie mit der Aufgabe schreiben müsste, den Leuten das Wählen auszureden – er hätte mit der noch nicht beendeten Farce in Berlin eine interessante Vorlage.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal