Meloni hält strammen Rechtskurs

Italiens Ministerpräsidentin baut in der Migrationspolitik auf restriktiven Gesetzen ihrer Vorgänger auf

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 4 Min.
Knüpt an repressive Migrationspolitik ihrer Vorgänger an: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beim Europarat in Brüssel.
Knüpt an repressive Migrationspolitik ihrer Vorgänger an: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beim Europarat in Brüssel.

Dass die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihre Verbündeten rassistisch sind, ist kein Geheimnis. Das versuchen sie hinter »gemäßigten« Parolen zu verstecken: »Wir haben nichts gegen Ausländer an sich, sondern nur gegen die illegale Einwanderung«, sagen sie immer wieder. Oder auch: »Es ist unsere institutionelle Aufgabe, die Grenzen Italiens zu verteidigen.« »Wir haben nichts gegen die Flüchtlinge, sondern gegen die Schlepperbanden«, behaupten sie und zählen dazu allerdings auch die Organisationen, die im Mittelmeer Menschenleben retten.

An der offiziellen Flüchtlingspolitik Italiens hat sich in den vergangenen Monaten nicht viel geändert. »Die restriktivsten Gesetze wurden alle schon von den vorhergehenden Regierungen verabschiedet«, meint Stefano Galieni, Verantwortlicher für Flüchtlingspolitik bei der Europäischen Linken.

Seit Melonis Amtsantritt im vergangenen Oktober wurde nur eine einzige neue Maßnahme verabschiedet, die sogenannte »Piantedosi Verordnung«, benannt nach dem derzeitigen Innenminister Matteo Piantedosi. In erster Linie legt sie die neuen Richtlinien für die Organisationen und Schiffe fest, die zwischen der nordafrikanischen Küste und Italien Flüchtlinge retten und sie dann in einen »sicheren Hafen« bringen, wie es internationale Gesetze vorsehen. Sie sollen sich ab jetzt immer mit der italienischen Küstenwache absprechen (das taten sie vorher auch schon) und sofort melden, wenn sie Schiffbrüchige an Bord genommen haben, was ebenfalls schon der Fall war.

Aber – und das ist die Neuheit – sie dürfen nur eine Rettung pro Reise durchführen. Wenn sie also zum Beispiel in der Nähe von Malta ein Schlauchboot mit drei Insassen retten, müssen die Schiffe der Nicht-Regierungsorganisationen dann direkt nach Italien zurückkehren. Sollten sie auf dieser Fahrt ein weiteres Boot in Seenot sehen oder einen Notruf erhalten, müssten sie diese Menschen ertrinken lassen und sich taub und blind stellen. Dass dies gegen die Gesetze der Seefahrt und gegen die Menschenrechte verstößt, ist offensichtlich.

Außerdem müssen die Rettungsschiffe den Hafen anlaufen, der ihnen zugewiesen wird – und die befanden sich in den letzten Wochen seltsamerweise immer in Mittel- oder in Norditalien. Offiziell will man so die süditalienischen Häfen entlasten.

Aber diese Behauptung hält einem zweiten Blick nicht stand. Die allermeisten Flüchtlinge, die in Süditalien an Land gehen, bleiben nur wenige Tage dort und werden dann in die Aufnahmezentren nach Mittel- oder Norditalien gebracht. Stefano Galieni erzählt dieses Beispiel: »Vor einigen Wochen wurde die ›Geo Barents‹ mit 237 Flüchtlingen an Bord angewiesen, La Spezia in der Nähe von Genua anzulaufen. Das waren 1200 Seemeilen mehr als notwendig. Die Minderjährigen, die sich auf dem Schiff befanden, wurden dann in Foggia im Süden des Landes untergebracht. Das ist eine lange Bus-Reise über 750 Kilometer. Das ist nicht nur eine Verschwendung von Treibstoff und ein unzumutbarer Stress für die jungen Menschen, sondern auch absurd und absolut lächerlich.«

Der Politiker hofft, dass die »Piantedosi Verordnung« demnächst von den europäischen Behörden gekippt werden wird. »Diese Verordnung erfüllt nur einen Zweck«, meint Laura Boldrini, einst Vorsitzende der Abgeordnetenkammer und Präsidentin der Flüchtlingsorganisation UNHCR Italien. »Dadurch werden weniger Menschen gerettet.« In der Folge werde es noch mehr Tote im Mittelmeer geben.

Auch an den mehr als kritikwürdigen Beziehungen zu Libyen hat sich nichts geändert. Die Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Italien und seiner ehemaligen Kolonie ist und bleibt das »Memorandum of understanding« (Absichtserklärung), das 2017 von der damaligen Regierung unter dem Sozialdemokraten Paolo Gentiloni unterzeichnet wurde. Darin ist unter anderem eine enge Zusammenarbeit sowohl auf wirtschaftlicher Ebene (der staatliche italienische Erdölkonzern ENI hat in Libyen Sonderrechte) als auch bei der Flüchtlingsbekämpfung vorgesehen.

Die sogenannte libysche Küstenwache, die tatsächlich eine Schleuser- und Verbrecherorganisation ist, wird seitdem von Italienern ausgebildet und erhält Schnellboote und Waffen. Nun hat Frau Meloni diese Zusammenarbeit bekräftigt und bei ihrem Besuch in Tripolis, bei dem sie von den Chefs von ENI begleitet wurde, hat sie weitere sieben Schiffe zugesichert. All diese Abkommen wurden am Parlament vorbei unterzeichnet, da ein »Memorandum« kein Staatsvertrag ist und die Zustimmung der Volksvertreter nicht braucht. Ob bei den Gesprächen auch die Menschenrechte zur Sprache gekommen sind, ist nicht bekannt.

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