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  • Münchner Sicherheitskonferenz

100 Milliarden für den Klimaschutz statt für Aufrüstung?

Aktionsbündnis gegen die Sicherheitskonferenz bringt 5000 Menschen auf die Straße

  • Gisela Dürselen, München
  • Lesedauer: 4 Min.

Dicht gedrängt standen die Menschen am Marienplatz, als am Samstagnachmittag die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen die Bühne betrat: Es war die Schlusskundgebung der traditionellen Umzingelung des Tagungsortes der Münchner Sicherheitskonferenz (Siko). Dağdelen erklärte, dass im »Bayerischen Hof« weder über die Sicherheit für die Ukraine noch über einen Weg zum Frieden diskutiert werde, sondern nur über weitere Waffenlieferungen sowie über Rechtfertigungen für die Beteiligung an diesem Krieg. Um das tägliche Sterben zu beenden, forderte die Linke-Politikerin stattdessen eine europäische Friedenskonferenz mit dem Ziel eines sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstands.

Die Protestplakate der Demonstrierenden und weitere Rednerinnen und Redner verdeutlichten, worum es beim diesjährigen Protest jenseits des Ukrainekriegs auch ging: Die vielen Milliarden, die aktuell noch mehr als vor diesem Krieg in die Rüstung gesteckt werden, fehlen beim Klimaschutz und in der Pflege, beim Wohnen, in der Bildung und bei der Bewältigung globaler Krisen. Würde das Bundesverteidigungsministerium ihr eigenes Weißbuch ernstnehmen, wären 100 Milliarden Euro bereits fest für den Klimaschutz eingeplant, erklärte die Gruppe Extinction Rebellion: Nach der Vorhersage des Weißbuchs wirke ein ungebremster Klimawandel in mehreren Regionen der Welt destabilisierend und konfliktverstärkend und führe zu mehr Migration. Darum sei Klimaschutz laut Weißbuch gleichbedeutend mit Sicherheitspolitik.

Wohin EU-Gelder anstelle von Klimaschutz und Sozialem auch fließen, stellte Jacqueline Andres von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen vor: Mit Milliarden finanziere die Europäische Union ihr rassistisches Grenzregime mit völkerrechtswidrigen Push-Backs. Die Grenzschutzagentur Frontex stelle die Ergebnisse ihrer Luftaufklärung libyschen Milizen zur Verfügung statt den Kapitänen von Schiffen, von denen aus flüchtende Menschen gerettet werden könnten.

»Sicherheit bedeutet auch ein Leben außerhalb der Armut«, heißt es vom Anti-Siko-Bündnis. Für echte Sicherheit brauche es keine Waffen, denn kämpfen bedeute töten und sterben. In diesem Zusammenhang sei der angestrebte Sieg der Ukraine neu zu bewerten: »Ein völlig zerstörtes Land und Hunderttausende Tote, das kann kein Sieg sein.« Ein Redner-Duo vom Aktionsbündnis stellte den Krieg in der Ukraine in einen größeren Zusammenhang, ging auf seine Vorgeschichte ein und gab einen Vorgeschmack auf das, was im Kampf um die globale Vorherrschaft noch zu kommen droht: China mutiere derzeit zum neuen und eigentlichen Feind des Westens und werde als »Gefahr für die internationale Ordnung« bezeichnet; in diesem Licht sei der Ukraine-Krieg nur eine Vorbereitung auf einen größeren Krieg gegen China.

Auch ausländische Gäste waren vertreten. Auf dem Podium stand Bea Schevitz vom Munich American Peace Committee. Sie machte mit einem drastischen Vergleich den Nuklearkrieg erfahrbar: »Sechs Minuten lang dauert meine Rede – sechs Minuten sind die Zeit, die eine Atomrakete braucht, bis sie ihr Ziel erreicht.« Schevitzs Gruppe hat einen offenen Brief an die US-Delegation bei der Sicherheitskonferenz verfasst. In diesem erinnern die Verfasser an die vielen militärischen Auseinandersetzungen der USA seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und machen Vorschläge für einen Friedensprozess, der – ausgehend von der Katastrophe des Ukrainekriegs – auch als Modus für die Lösung anderer Konflikte dienen könnte.

An der Kundgebung des Anti-Siko-Bündnisses hatten sich rund 60 Organisationen aus unterschiedlichen Lagern wie der Initiative Defend Kurdistan, dem antifaschistischen Rockerclub Kuhle Wampe und Pax Christi zusammengefunden. Während die Polizei die Zahl der Teilnehmenden mit 2700 Personen angibt, schätzten die Veranstalter die Protestierenden beim Abschluss auf dem Marienplatz auf 5000 Menschen.

Auch an anderen Orten der Innenstadt gab es am Samstag Proteste mit unterschiedlichen Themensetzungen. Unter anderem traf sich das Bündnis »Ukrainer in München« am Odeonsplatz. Mit ukrainischen Flaggen drückten hier rund 1000 Teilnehmende ihre Solidarität mit dem angegriffenen Land aus. An der Kundgebung nahmen auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejev, und die beiden bayerischen Grünen-Bundestagsabgeordneten Jamila Schäfer und Anton Hofreiter teil.

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