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Alternative Friedensdemo: Mobilisierung gegen Wagenknecht-Aufruf

In der Linken rufen viele zur Teilnahme an anderen Friedensdemos als jener auf, die Sahra Wagenknecht mit initiierte

Linke-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank hat am Montag erklärt, die Mitglieder der Partei seien aufgerufen, sich rund um den Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 an »dezentral organisierten Protesten« zu beteiligen. Kernforderungen der Partei seien der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine, aber auch, dass »die Bundesregierung anstatt aufzurüsten die Eskalationsspirale endlich durchbrechen muss«. Von der Kundgebung am 25. Februar am Brandenburger Tor, zu der unter anderem die Linke-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht aufruft, hält Bank nicht viel, weil ihm bei den Iniatiator*innen »die klare Abgrenzung nach rechts« fehlt. Zugleich betonte der Linke-Kovorsitzende Martin Schirdewan gegenüber »nd«, die Genoss*innen seien »politisch mündige Menschen, die selbst entscheiden können, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen«.

Genau diese zurückhaltende Position der Parteispitze wird nun in der Linken von allen Seiten kritisiert. Der Rostocker Sozialsenator Steffen Bockhahn begründete genau damit am Mittwoch seinen Austritt aus der Partei. Es sei für ihn »absolut untragbar«, dass man »auch im Parteivorstand mehrheitlich bereit ist, gemeinsam mit Rechtsradikalen für den Frieden zu kämpfen, im übrigen aus rein deutscher Motivation heraus«. Zwar rufe der Vorstand nicht zur Wagenknecht-Schwarzer-Demo auf, »doch es erfolgt auch keine Distanzierung«. Somit mache sich die Partei »gemein mit der Position der Aufruferinnen, wonach lediglich Symbole verboten sein sollen, man aber ausdrücklich bereit ist, mit AfD, NPD, Blood & Honour, etc. zu demonstrieren«.

Er stellt fest, der Zustand der Linken sei »bedauernswert und doch selbstverschuldet«. Wenn auch mit völlig anderen Begründungen als Bockhahn, finden das auch Vertreter der Parteilinken an der Basis, die derzeit aus vielen Regionen nicht nur Ostdeutschlands zur Teilnahme an der von Wagenknecht mit initiierten Veranstaltung mobilisieren. Ihre Haltung: Wichtig sei, wer und welche Fahnen und Parolen die Demonstration dominieren, nicht, ob auch Rechte daran teilnehmen.

Zudem wird von vielen Seiten die Schwäche der Linken kritisiert, der mancher vorhält, sie hätte doch frühzeitig selbst einen in die Mitte der Gesellschaft gerichteten Appell und Demoaufruf mit Prominenten starten können. Wenn jetzt zu dezentralen Aktionen aufgerufen werde, werde die linke Friedensposition letztlich kaum sichtbar werden. Und nicht nur aus Ostdeutschland wird in der Linken zu der Kundgebung am Samstag mobilisiert. Aus Hamburg berichtet Andreas Grünwald von der dortigen Linken »nd«, derzeit hätten sich 200 bis 250 Personen angemeldet, die in selbst organisierten Bussen mitfahren wollten.

Auch in Berlin gibt es in der Linken viele, die sich an der Demo beteiligen wollen. So wird der Berliner Landesvorstand in einem Schreiben des Bezirksverbands Mitte aufgefordert, die Genoss*innen mit Linke-Plakaten, -Fahnen und Materialien zu unterstützen. Der Wagenknecht-Aufruf sei zwar durchaus an etlichen Punkten zu kritisieren, ebenso wie die Auswahl einiger Unterstützer*innen und die Beteiligung Alice Schwarzers.

Gleichwohl dürfe man als Linke nun nicht »danebenstehen«. »Wir wollen unbedingt verhindern, dass das Bild von rechtsoffenen Demoteilnehmer*innen geprägt wird«, heißt es in dem Brief. Darin äußerten die Genoss*innen auch den Wunsch nach einem eigenen Aufruf des Linke-Bundesvorstands, der »die Leerstellen des Wagenknecht/Schwarzer-Aufrufs schließt«. Dass dieser auf so große Resonanz treffe, liege »auch an der Untätigkeit unserer Partei«.

An den Aktionen, zu denen der Linke-Bundesvorstand mit aufruft, beteiligen sich unterdessen auch die Theologin Margot Käßmann und Jürgen Grässlin, Sprecher der Deutschen Friedensgemeinschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Beide hatten zu den Erstunterzeichnenden des von Wagenknecht und Schwarzer am 10. Februar veröffentlichten »Manifests für Frieden« gehört, in dem auch zu der Demonstration am Samstag aufgerufen wird. Am Dienstag hatten beide jedoch erklärt, nicht zur Demonstration zu kommen. In einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden heißt es, wer sich für Frieden einsetze, müsse sich »klar von nationalistischen und menschenfeindlichen Personen und Gruppen abgrenzen«. Dies sei in Äußerungen der Initiatorinnen »leider nicht klar genug der Fall». Vielmehr hätten sie sich »nicht immer deutlich von angekündigten Teilnehmer*innen aus dem sehr rechten Spektrum» abgegrenzt. Die »Stoßrichtung des Textes« des Manifest trügen sie aber weiterhin mit, so Käßmann und Grässlin. Die frühere Bischöfin wird auf Kundgebungen eines breiten Bündnisses von Friedensinitiativen am Samstag in Bonn und Köln sprechen, Grässlin am Freitag in Freiburg.

Aktionen gegen den Krieg bundesweit finden sich auf der Webseite stoppt-das-toeten.dfg-vk.de

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