Mexikos Präsident gibt Elon Musk nach

US-Autobauer Tesla darf trotz Bedenken in Nordmexiko ein neues Werk bauen

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer am Investors Day des Elektroautobauers Tesla am Mittwoch in der Konzernzentrale in Austin, Texas, auf Details zur vieldiskutierten Gigafactory in Mexiko gehofft hatte, sah sich enttäuscht. Gerade einmal eine Minute der gut vierstündigen Präsentation widmete Tesla-Chef Elon Musk dem geplanten Werk. Auch ansonsten gab es wenig Konkretes. Musk und andere Tesla-Führungskräfte stellten den dritten Masterplan des Unternehmens vor, der vorsieht, die Fahrzeugproduktion bis 2030 auf 35 Millionen Elektroautos zu steigern – elf Mal mehr als heute. Tesla plant demnach, die Produktionskosten bis zu 50 Prozent zu senken. Viele Investoren hatten jedoch gehofft, einen Blick auf die nächste Generation von Tesla-Fahrzeugen zu erhaschen, aber Musk vertröstete sie auf eine spätere Produktvorstellung.

Zum Bau der neuen Gigafabrik in Mexiko erklärte der Konzernchef lediglich: »Wir freuen uns, ankündigen zu können, dass wir ein Werk in Mexiko eröffnen werden.« Dort wolle man Tesla-Fahrzeuge der nächsten Generation herzustellen. Einen Termin für die Inbetriebnahme der Anlage nannte Musk nicht.

Standort wird Santa Catarina am Rande der nordmexikanischen Millionenstadt Monterrey. Die Rede ist von einem Investitionsvolumen in Höhe von fünf Milliarden US-Dollar. Santa Catarina hatte sich im Laufe des Jahres 2022 aufgrund seiner Nähe zu Austin, wo Tesla im vergangenen April seine neueste Gigafactory eingeweiht hatte, und wegen der verfügbaren Infrastruktur und Arbeitskräfte als beste Option herauskristallisiert.

Dann aber legte Mexikos Präsident in der vergangenen Woche mit Verweis auf den Wassermangel in der Region gewissermaßen sein Veto gegen das Werk im Bundesstaat Nuevo León ein. »Wenn es kein Wasser gibt, werden die Genehmigungen nicht erteilt. Es ist nicht machbar«, sagte er. Es wäre nicht das erste Mal. Die Regierung López Obrador hatte bereits einem Getränkekonzern die von früheren Regierungen erteilte Genehmigung für eine neue Brauerei im nordmexikanischen Mexicali wegen Wasserknappheit annulliert. In Nuevo León herrschte im vergangenen Jahr ein akuter Mangel an Wasser, der sogar eine Rationierung des Wasserverbrauchs und Einschränkungen für wasserintensive Industrien nötig machte. Zur Erinnerung: Auch bei dem Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide hatte es Streit ums Wasser gegeben. Der Chef des Wasserverbandes warnte vor Einschränkungen beim Trinkwasser.

López Obrador betonte, dass »es nicht nur um Wasser für die Anlagen geht, das ist kein Problem, denn es kann aufbereitetes Wasser verwendet werden, das Problem ist, dass jede große Investition mehr Bevölkerung, mehr Dienstleistungen, mehr Wasser, Straßen, Kanalisation und öffentliche Verkehrsmittel mit sich bringt«. Der Gouverneur von Nuevo León, Samuel García, dagegen betonte, dass in seinem Bundesstaat genügend Wasser für Tesla vorhanden sei. Man werde bei der Thematik »Hand in Hand« mit Tesla arbeiten.

López Obradors Fokus auf Wasser könnte ohnehin eher politisch als ökologisch bedingt sein, glaubt Gabriela Siller, Chefvolkswirtin der in Nuevo León ansässigen Banco Base. Der Präsident habe offenbar versucht, die Investitionen von Tesla in einen von seiner Morena-Partei regierten Bundesstaat wie Michoacán oder Veracruz zu lenken, sagte sie gegenüber der spanischen Tageszeitung »El País«.

Die Einigung erfolgte dann aber doch überraschend reibungslos. López Obrador sprach vergangene Woche nach einem Videotelefonat mit Musk von einer Reihe von Verpflichtungen, die dieser eingegangen sei, um das Problem der Wasserknappheit zu bekämpfen. Wie sie aussehen könnten, deutete eine Regierungsvertreterin gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg an. Musk habe zum Problem des Wassermangels verschiedene Lösungen angeboten. Demnach will Tesla zur Kühlung seiner Türme aufbereitetes Wasser verwenden, für die Lackierung von Fahrzeugen, wo der Bedarf an Wasser am größten ist, ein Umkehrosmosesystem für die Aufbereitung von Wasser nutzen sowie Regenwasser sammeln und andere Initiativen ergreifen.

López Obradors Bedenken scheinen damit vom Tisch. Der Präsident freut sich vielmehr über »eine beträchtliche Investition« und »viele, viele Arbeitsplätze«. Die Automobilindustrie ist bereits ein wichtiger Pfeiler der mexikanischen Wirtschaft. Mexiko ist der siebtgrößte Automobilproduzent der Welt. Viele US-amerikanische, europäische und asiatische Hersteller produzieren in dem Land. Das neue Tesla-Werk zeigt Mexikos Ambitionen, sich als Drehscheibe für das sogenannte »Nearshoring« transnationaler Konzerne zu etablieren. Viele Unternehmen, die früher in China produzierten, ziehen angesichts der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China und der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Unterbrechungen der globalen Lieferketten ihre Produktion von dort ab. Mexiko gilt vielen als möglicher Standort. Tesla dürften also noch einige folgen.

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