Berlin-Kostrzyn: Nie pünktlich mit der Regionalbahn

Verspätungen auf der Strecke Berlin-Kostrzyn sind Thema im Verkehrsausschuss des Landtags

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Unpünktliche oder ganz ausgefallene Züge auf der Regionalbahnstrecke RB26 im vergangenen Jahr gehen offenbar auf das Konto der Niederbarnimer Eisenbahn. »Vielleicht haben wir anfangs falsch entschieden«, sagte Geschäftsführer Detlef Bröcker am Donnerstag im Verkehrsausschuss des Brandenburger Landtags. Dennoch zeigte er sich überzeugt: »Der Schienenersatzverkehr wäre keine bessere Alternative gewesen.«

Bröcker sprach von einer »für alle frustrierenden Situation«, weil sich notwendige Baumaßnahmen an der Bahnstrecke von Berlin ins polnische Kostrzyn über das gesamte vergangene Jahr erstreckt hätten. Das sei ein »Teil unserer großen Probleme« gewesen, die in einer 90-tägigen Vollsperrung eines Teils dieser Strecke kulminierten. »Es bedeutete für die Passagiere den Zwang, andere Verkehrsmittel zu nutzen«, sagte Bröcker. Die noch verkehrenden Züge seien notorisch unpünktlich geblieben, denn was den Fahrplan betreffe, seien sie »mit null Reserve« unterwegs gewesen. Immer mal auftretende Störungen bei Infrastruktur oder Fahrzeugen hätten zu einer »sehr schlechten Pünktlichkeit« geführt.

Bröcker erklärte die Entscheidung, die Baumaßnahmen bei fortgesetztem Zugverkehr umzusetzen, mit wirtschaftlichen Gründen: »Züge, die nicht fahren, kriegen wir nicht bezahlt.« Inzwischen habe sich die Situation bei der RB26 entspannt. Seit dem 23. Januar fahren Bröker zufolge mehr als 90 Prozent der Züge pünktlich. »Das Ergebnis knüpft an bessere Zeiten an.«

Wegen der unhaltbaren Zustände hatte sich im September die Bürgerinitiative »Zuverlässiger Nahverkehr MOL« gebildet, wobei die Abkürzung MOL für den Landkreis Märkisch-Oderland steht. Bei einer Aktion am 6. Dezember in einer Regionalbahn verteilte die Initiative rote Nikolaus-Mützen und die Texte von Weihnachtsliedern. Gemeinsam wurde »Cicha noc, święta noc!« gesungen, die polnische Version von »Stille Nacht, heilige Nacht«. Denn auf die Regionalbahn 26 sind viele Frauen und Männer aus dem Nachbarland angewiesen. Sie arbeiten in Berlin als Pflegekräfte, Putzfrauen oder Bauarbeiter. Auch eine veränderte Fassung von »Oh Tannenbaum« wurde angestimmt. Darin hieß es: »Oh Regiobahn, oh Regiobahn, / Was hast du mir nur angetan? / Mit dir komm ich nie pünktlich an.«

Der Entschluss, die Bauarbeiten »unter rollendem Rad« erledigen zu lassen, sei vielleicht nicht die beste Entscheidung gewesen, bestätigte Alexander Kaczmarek, Konzernbeauftragter der Deutschen Bahn (DB) für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. »Das aber weiß man immer erst hinterher.« Es sei bei der Eisenbahn immer eine Grundsatzentscheidung: Sperrt man bei Reparaturbedarf die gesamte Strecke und arbeitet das Notwendige zügig ab oder entschließt man sich für eine langandauernde Serie kleinerer Maßnahmen, die dann die Einschränkungen und Belastungen zeitlich sehr verlängern.

Frank Schütz von der Interessengemeinschaft Ostbahn lobte die Entscheidung, sich an einen Runden Tisch zu setzen, um den betroffenen Fahrgästen »erste wichtige Informationen« zu geben. Er setzte sich für einen umfassenden Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Frankfurt (Oder) ein und für die Aufnahme dieser Verbindung in den Bundesverkehrswegeplan. Die heute zweigleisige Strecke stoße an ihre Kapazitätsgrenze. Mit der in Grünheide errichteten Tesla-Autofabrik zeichne sich mehr Bedarf für den Personen- und Güterverkehr ab. Schütz forderte die Landespolitik auf, »massiv Druck« auf den Bund auszuüben. Denn der bisherige Status der Strecke werde ihrer heutigen und schon gar nicht ihrer zukünftigen Bedeutung auch nur annähernd gerecht. Schienenersatzverkehr lasse sich nicht immer umgehen. Doch dafür werden Busfahrer benötigt und laut Schütz fehlen deutschlandweit 5000 von ihnen.

Was die Ostbahn betrifft, sprach DB-Manager Kaczmarek vom großen Interesse der polnischen Seite am Ausbau einer länderübergreifenden Hochgeschwindigkeitsstrecke. Dies sei nicht immer so gewesen. Es habe Zeiten gegeben, in denen sich Polen vorrangig auf sich selbst konzentriert habe.

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