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Wladimir Putin: Mariupol statt Den Haag

Nach dem internationalen Haftbefehl bereist Wladimir Putin Russlands »neue Gebiete«

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 4 Min.

Geht es nach Marco Buschmann, könnten in Deutschland die Handschellen bei einem ganz großen Schurken klicken. Denn sollte Russlands Präsident Wladimir Putin in die Bundesrepublik kommen, so der liberale Bundesjustizminister zu »Bild«, wolle man ihn verhaften und an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausliefern. »Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen«, erklärte Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Nachdem am Donnerstag eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates ihren Bericht zu Kriegsverbrechen in der Ukraine vorgelegt und beiden Seiten Verstöße gegen internationales Recht bescheinigt hatte, erließ der Internationale Strafgerichtshof am Freitag einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin und seine Beauftragte für Kinderrecht, Maria Lwowa-Belowa. Erstmals will Den Haag mutmaßliche Kriegsverbrechen in dem bereits über ein Jahr andauernden Krieg juristisch verfolgen. Dabei geht es den Richtern in Den Haag nicht um Vergewaltigungen, Folter oder Hinrichtungen, sondern um die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland. Putin habe als Befehlshaber seine zivilen oder militärischen Untergebenen unzureichend kontrolliert, begründet Den Haag seinen Verdacht gegen Russlands Präsidenten. Die genauen Vorwürfe bleiben erst einmal geheim. Den detaillierten Text der Haftbefehle will das Gericht nicht veröffentlichen, um Opfer und Zeugen zu schützen, wie es heißt.

Moskau wird den Haftbefehl nicht umsetzen

Für die Ukraine und westliche Staaten ist der Haftbefehl gegen Putin eine »historische Entscheidung«, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte. »Niemand steht über Recht und Gesetz«, pflichtete Bundeskanzler Olaf Scholz bei. Und US-Präsident Joe Biden, dessen Land wie auch Russland den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkennt, sprach von einem »sehr starken Signal«. Dass die Entscheidung der Richter aus Den Haag rund um den Jahrestag der illegalen Invasion der USA in den Irak 2003 fiel, ist eine Ironie der Geschichte. Wie auch George W. Bush wird Wladimir Putin (zumindest international) ungeschoren davonkommen. Die Chancen, dass Putin im Gefängnis des Nordseebades Scheveningen auf seinen Prozess wartet, sind gleich null, das versteht man sogar im Westen.

Direkt nach der Veröffentlichung des Haftbefehls hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, betont, dass Moskau gar nicht auf die Idee komme, diesen umzusetzen. »Die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs haben für unser Land keinerlei Bedeutung, auch nicht aus juristischer Sicht«, so Sacharowa. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow tat die Entscheidung aus Den Haag als nicht der Rede wert ab. Dmitri Medwedew, Ex-Präsident und seit Kriegsbeginn Pöbler auf Telegram, schlug vor, den Haftbefehl als Toilettenpapier zu verwenden. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić warnte hingegen, Den Haags Entscheidung sei ein Schritt zum größten Konflikt der Menschheitsgeschichte.

Wladimir Putin selbst äußerte sich nicht. Stattdessen besuchte der Kremlchef am Wochenende die Halbinsel Krim, um den neunten Jahrestag der Annexion zu begehen. Große Feiern wie in den vergangenen Jahren gab es dieses Mal nicht, in vielen Städten gab es überhaupt keine Veranstaltungen. Auch Putin beließ es bei seinem ersten Krim-Besuch seit dem Überfall auf die Ukraine bei Museumsbesuchen.

Überraschungsbesuch in Mariupol

Am Sonntagmorgen überraschte das Staatsfernsehen schließlich mit Bildern von Putin aus Mariupol. Es war das erste Mal, dass der Präsident die »neuen Gebiete«, die Moskau im vergangenen Jahr annektiert hatte, besuchte. Die Bilder zeigen Putin am Steuer eines japanischen Autos, wie er nachts durch die Haftenstadt fährt und sich von Vize-Regierungschef Marat Chusnullin auf einem Spielplatz die Wiederaufbauarbeiten in der im vergangenen Frühjahr hart umkämpften Stadt erklären lässt. Man arbeite rund um die Uhr, erklärt Chusnullin seinem Präsidenten. Rund 40 Minuten lang zeigt der Film neue Straßen, neue soziale Einrichtungen, neue Infrastruktur, neue Wohnviertel und ein wiederaufgebautes Musiktheater. Vieles davon wurde mit Hilfe aus Russlands zweitgrößter Stadt St. Petersburg errichtet, die darunter finanziell leidet.

Die Reise nach Mariupol sei »spontan« gewesen, erklärte Kremlsprecher Peskow. Ebenso das Treffen mit Einwohnern, die sich artig bei Putin für das »kleine Stück Paradies« bedankten, das Russland ihnen beschere. Darüber, dass die Zerstörung auf Moskaus Angriff zurückgeht, fiel kein Wort. »Das waren die sogenannten Nazis, normale Menschen machen so etwas nicht«, resümierte Putin in die Kameras des Staatsfernsehens.

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