Neue EU-Datenbank Etias anfällig für Missbrauch

Frontex warnt vor Fake-Webseiten für Einreisegenehmigung

Noch in diesem Jahr will die Europäische Union das neue Europäische Reiseinformations- und Genehmigungssystem (Etias) in Betrieb nehmen. Wer aus touristischen oder geschäftlichen Gründen für einen visafreien Kurzaufenthalt in den Schengenraum einreist, muss sich spätestens einige Tage vor dem Grenzübertritt darin registrieren. Betroffen sind Staatsangehörige aus insgesamt 60 Ländern mit einer Bevölkerung von rund 1,4 Milliarden Menschen.

Das System soll die irreguläre Migration erschweren sowie Kriminalität und Terrorismus verhindern, deshalb dürfen die Personendaten im Etias auch von Polizei- und Geheimdienstbehörden genutzt werden. Vorbild sind die USA, die mit dem Elektronischen System zur Reisegenehmigung (Esta) seit 2008 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung für visafrei Reisende durchführen.

In einem Onlineformular müssen die Reisenden Angaben zur Person und zur geplanten Reise in einen oder mehrere der 30 teilnehmenden Schengen-Staaten machen. Weitere Auskünfte verlangt das Etias zu Ausbildung und Arbeit, Gesundheitszustand und Einträgen im Strafregister. Anschließend ermittelt eine Software mögliche Risiken im Hinblick auf irreguläre Migration, Sicherheit oder Epidemien. Ergibt sich bei der Überprüfung eine Auffälligkeit, wird dies zur weiteren Bearbeitung an die nationalen Etias-Stellen in den Schengen-Mitgliedstaaten weitergeleitet, von dort können dann Einreisesperren verhängt werden. Im Falle Deutschlands ist hierfür die Bundespolizei zuständig.

Das Etias wird von der EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA) in Estland verwaltet. Die eigentliche Risikoanalyse erledigen jedoch 250 Beamte in einer Zentralstelle bei der Grenzagentur Frontex. Laut Artikel 33 der Etias-Verordnung soll Frontex einen Algorithmus entwickeln, der das automatische Profiling der Reisenden ermöglicht.

Für die Etias-Antragstellung hat die EU-Kommission eine eigene Internetpräsenz eingerichtet. Die Prozedur kostet 7 Euro, eine darüber erteilte Reiseautorisierung ist drei Jahre gültig. Neben dem »echten« Etias-Auftritt der EU-Kommission kursieren derzeit über 50 Webseiten, die teilweise offiziell aussehen und über Regeln und Anforderungen für die Reisegenehmigung informieren. Möglicherweise wird dort nach Einführung des Etias auch die Beantragung als Dienstleistung angeboten. Ein solcher Antrag muss zwar grundsätzlich bei der EU gestellt werden, die Anbieter könnten aber zusätzliche Gebühren erheben, wenn die Eingabe in ein Formular auf ihrer Webseite erfolgt.

Die Nutzung von gewerblichen Vermittlern ist laut der Etias-Verordnung sogar erlaubt. Jedoch könnten Internetauftritte auch von Personen mit zweifelhaften Absichten betrieben werden, warnt Frontex. Dahinter könnten etwa Betrüger stehen, die persönliche Daten oder Kreditkarteninformationen missbrauchen.

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