Kritik an Jan Böhmermann: Streit um Quellenschutz

TV-Satiriker soll Vertrauliches ausgeplaudert haben

»Du bist kein echter Polizist«, hatte Jan Böhmermann vor sechs Jahren gerappt und damit den rechten Polizeigewerkschafter Rainer Wendt aufs Korn genommen. Nun steht der Satiriker selbst in der Kritik: Ist Böhmermann mit seinem ZDF-Recherche-Format »Neo Magazin Royale« kein echter Journalist, weil er sich nicht an den Quellenschutz für Hinweisgeber hält?

Hintergrund ist der Umgang mit dem 2017 auf der spanischen Insel Ibiza heimlich aufgenommenen Video, das zwei Jahre später zum Sturz der damaligen Regierung in Österreich führte. Julian Hessenthaler, der mutmaßliche Macher des Ibiza-Videos, hatte dieses auch Böhmermann zur Berichterstattung angeboten. Der Kontakt erfolgte über den Aktionskünstler Jean Peters, der damals freier Mitarbeiter beim »Neo Magazin Royale« war.

Böhmermann lehnte die Verwendung des Videos ab. Aber er spielte 2019 in seiner Dankesrede bei der Verleihung eines Fernsehpreises in Österreich auf darin enthaltene Informationen an (laut einem Bericht des Standard sogar schon ein Jahr zuvor). Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte die Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ, die durch das später von »Spiegel« und »Süddeutscher Zeitung« veröffentlichte Video zu Fall gebracht wurde, von dessen Existenz gewusst haben.

Mit seiner Anspielung hat sich Böhmermann über den Verhaltenskodex des deutschen Presserates hinweggesetzt, wonach Medien die Lieferanten vertraulicher Informationen ohne deren ausdrückliche Zustimmung niemals preisgeben sollen. »Hat der Informant die Verwertung seiner Mitteilung davon abhängig gemacht, dass er als Quelle unerkennbar oder ungefährdet bleibt, so ist diese Bedingung zu respektieren«, heißt es darin.

In einem Interview mit dem Videojournalisten Tilo Jung hat Hessenthaler die Vorwürfe bekräftigt. Der Privatdetektiv habe sich durch die »seltsamen Andeutungen von Böhmermann bei der Gala« unter Druck gesehen, das Video eilig zu veröffentlichen; auch um sich vor einer Verfolgung durch FPÖ-Politiker, die unter anderem das Innenministerium kontrollierten, zu schützen.

Jedoch habe Böhmermann »zu keinem Zeitpunkt des in Bezug genommenen Gesprächs eine Vertraulichkeit zugesagt«, lässt dieser nun über seinen Anwalt ausrichten. Diese Post erhielt das Magazin »Correctiv«, das im April das erste Interview mit Hessenthaler nach Absitzen einer Strafe wegen Drogenhandels veröffentlicht und darin die Indeskretion Böhmermanns benannt hatte.

Dass ein Hinweisgeber oder Informant bei der Presse Vertraulichkeit annehmen kann, erfordere keinen Vertrag oder eine besondere Absprache, antwortet »Correctiv« nun auf das Schreiben des Böhmermann-Anwalts. Es genüge, deutlich zu machen, dass diese Quellenschutz beanspruchen – das habe Hessenthaler zweifelsfrei getan, schreibt das Magazin in einem Posting »in eigener Sache«.

Gleichzeitig hat »Correctiv« in dem Hessenthaler-Interview vom April eine Ergänzung vorgenommen, wonach vor und während des Treffens zwar Vertraulichkeitserklärungen unterschrieben worden seien, jedoch nicht von Böhmermann. »Unabhängig davon muss allen Beteiligten klar gewesen sein, dass dieser Informationsaustausch vertraulich stattfand«, schreibt das Magazin. Böhmermann sieht das anders: Über Inhalte des Videos hätten auch andere in der Branche Bescheid gewusst, heiße es im Anwaltsschreiben.

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