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In Forst spielen die Löwen Fußball

Zwischenbilanz des Programms »Integration durch Sport«

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie gelingt es, dass Sportvereine von Migranten zur Eingliederung ihrer Vereinsmitglieder in die deutsche Gesellschaft beitragen und nicht zu Abschottung führen? Im Bildungsausschuss des Landtags wurde am Donnerstag eine Zwischenbilanz des Modellprojekts »Integration durch Sport« gezogen.

Aus Sicht von Professor Silvester Stahl von der Fachhochschule für Sport und Management in Potsdam nahm der 2022 gegründete Migrantenfußballverein »Forster Löwen« eine vielversprechende Entwicklung. Dieser will demnächst in den Ligabetrieb einsteigen. Das war und ist aber deswegen nicht leicht, weil die Stadt Forst keineswegs einen Überschuss an Infrastruktur hat und zunächst kein Trainingsplatz für die »Löwen« dauerhaft gesichert war.

In den bestehenden Forster Vereinen waren die Löwen »auch nicht jedem willkommen«. Stahl sagte: »Ihnen blies der Wind ins Gesicht.« Keineswegs positive Erfahrungen habe man mit dem Migrantenfußballverein »Union Cottbus« gesammelt. Er müsse als »zunächst gescheitert« angesehen werden. »Dort hat es nicht gut funktioniert.« Es habe jede Menge Konflikte gegeben – rassistische Angriffe, aber auch Fehlverhalten und »völlig inakzeptables« Benehmen der eingewanderten Vereinsmitglieder.

Der Landtagsabgeordnete Lars Schieske (AfD) wollte wissen, ob nach Auflösung von »Union Cottbus« die Spieler nun ins 15 Kilometer entfernte Forst abwanderten. Stahl antwortete, in Forst sei beschlossen worden, niemanden von »Union Cottbus« aufzunehmen. Schon vorher hätten die Forster trotz mehrfacher Anfragen keine Freundschaftsspiele gegen die Cottbuser ausgetragen, »weil sie gesehen haben, dass es dort nicht gut läuft«, so Stahl.

Für Brandenburg sind Gründungen von solchen Sportvereinen eine relativ junge und seltene Erscheinung. Trotzdem bildet sich dem Professor zufolge die ganze Bandbreite der Erfahrungen auch bei diesen wenigen Beispielen ab. Fünf Standorte seien Teil des Modellprojekts gewesen. Die Entwicklung dort verlaufe sehr unterschiedlich. Die Bevölkerungsentwicklung lege nahe, dass künftig mehr solcher Sportvereine entstünden.

Im Rahmen des Modellprojekts »Integration durch Sport« vergibt die Bundesregierung Fördermittel für solche Neugründungen. Zu haben sind Zuschüsse für Trainer, Hallengebühren und Sportgeräte. Damit werden diese Vereine nicht bevorzugt. Sie sind im Gegenteil gegenüber den »Platzhirschen« enorm im Nachteil, nicht zuletzt, weil viele ihrer Mitglieder und Funktionäre über kein eigenes Einkommen verfügen. Die Fördermittel zahlt der Bund zusätzlich. »Niemandem wird deswegen etwas weggenommen«, beteuerte Uwe Koch von der Brandenburgischen Sportjugend.

In Potsdam kam es nicht zu einer ursprünglich beabsichtigten Vereinsgründung. Aber in Ludwigsfelde bildete sich ein Verein, der gut läuft und eingewanderten Kindern und Jugendlichen das Sporttreiben ermöglicht. Vereine, die von und für Migranten gegründet worden seien, öffneten insbesondere jungen Einwanderern Türen, »die für deutsche Vereine nicht ohne weiteres erreichbar wären«, hielt Sportwissenschaftler Stahl fest. Etwa für Frauen aus streng muslimischen Milieus seien sie letztlich die einzige Möglichkeit. Doch können Zugewanderte auch einen anderen Weg gehen. Viele, die in Russland oder Syrien Sport und sogar Leistungssport getrieben haben – etwa in den Disziplinen Handball oder Boxen –, schlossen sich fast problemlos alteingesessenen Sportvereinen an.

Pauschalurteile seien unzulässig, sagte Stahl. Es existierten aber in Westdeutschland migrantische Sportvereine, »die sich gerade nicht für Integration einsetzen« und beispielsweise anstrebten, dass die Türken unter sich blieben. Man könne froh sein, dass es solche Vereine in Brandenburg nicht gebe »und hoffentlich auch nicht geben wird«. Andererseits sei auch zu beobachten, dass sich einst rein türkische Vereine umbenannt hätten, weil längst nicht mehr nur Türken dort trainierten.

»Natürlich gibt es auch mal Probleme«, meinte die Abgeordnete Petra Budke (Grüne). Sport sei aber gut, um »den Alltagsrassismus zu bekämpfen«.

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