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Hunger und Armut als drängende Probleme

Hilfsorganisationen: Finanzkürzungen wären »verheerendes Signal«

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 4 Min.
Dürren, Wassermangel, Überschwemmungen: All dies lässt die weltweite Armutsquote steigen. Darauf muss die Entwicklungspolitik reagieren.
Dürren, Wassermangel, Überschwemmungen: All dies lässt die weltweite Armutsquote steigen. Darauf muss die Entwicklungspolitik reagieren.

Die Welthungerhilfe und das Kinderhilfswerk Terre des Hommes fordern von der Bundesregierung mehr Anstrengung gegen den globalen Hunger und die Armut sowie eine stabile Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit. »Die Welt ist im Krisenmodus«, sagte Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, am Donnerstag in Berlin. Zurzeit seien weltweit bereits 828 Millionen Menschen von Hunger bedroht und auch die Zahl der akut unterernährten Menschen sei 2022 zum vierten Mal in Folge auf 248 Millionen Menschen gestiegen. »Das sind dramatische Zahlen«, so Mogge weiter. Hinzu kommen Auswirkungen des Klimawandels wie Überschwemmungen oder anhaltende Dürren. Solche Wetterextreme haben sich seit 1990 verdoppelt. Auch die Folgen der Corona-Pandemie und der Krieg Russlands in der Ukraine führen zu einem Anstieg der Armutsquote. Bald könnten über eine Milliarde Menschen von Armut betroffen sein, befürchtet Mogge. Darauf müsse die deutsche Entwicklungspolitik reagieren.

Seit nunmehr 30 Jahren dokumentieren die Welthungerhilfe und Terre des Hommes die Wirklichkeit ebendieser Politik in ihrem jährlichen »Kompass«. Den diesjährigen haben sie am Donnerstag vorgestellt. Darin analysieren sie Daten zu den weltweiten Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit und formulieren Forderungen an die Bundesregierung. Das Urteil des »Kompass 2023« fällt ernüchternd aus. »Die Überwindung von Armut und Hunger scheint in immer weitere Ferne gerückt zu sein«, heißt es dort. Deren weltweite Bekämpfung habe sich deutlich verlangsamt. Rund die Hälfte der Ziele für nachhaltige Entwicklung (»Agenda 2030«) seien in den kommenden Jahren kaum noch zu erreichen. Dies resultiere zu großen Teilen aus politischen Versäumnissen der Vergangenheit. Die Agenda 2030 war 2015 von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen beschlossen worden. Sie umfasst 17 Ziele zur Abschaffung extremer Armut und für eine gerechtere Welt. Joshua Hofert, der Vorstandssprecher von Terre des Hommes, mahnte dazu an, dass Hunger und Armut keine Themen seien, »bei denen man sich ausruhen« könne.

Zugleich – auch dies geht aus dem »Kompass« hervor – haben die bundesweiten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit im vergangenen Jahr einen Spitzenwert erreicht. Sie werden international in der sogenannten ODA-Quote (»Official Development Assistance«) bemessen. »2022 erreichte die deutsche ODA mit 0,83 Prozent den bislang höchsten Anteil am Bruttonationaleinkommen. Das ist erfreulich. Allerdings stehen laut der gültigen mittelfristigen Finanzplanung ab 2024 drastische Haushaltskürzungen im Etat des Bundesentwicklungsministeriums und des Auswärtigen Amtes an«, erklärte Hofert weiter. Die Bundesregierung habe im vergangenen Jahr 33,3 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben. Allerdings sei dieses Rekordhoch in erster Linie eine Reaktion auf akute Krisen. Es brauche eine verlässliche und kontinuierliche Finanzierung, heißt es im »Kompass« weiter. Die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit dürften keinesfalls verringert werden, vielmehr müsse die Bundesregierung ihre Unterstützung für Länder mit niedrigem Einkommen erhöhen. »Die ärmsten Länder der Welt dürfen nicht abgehängt werden«, schloss Hofert.

Die Welthungerhilfe und Terre des Hommes merkten zwar an, dass es erfreulich sei, dass in der deutschen Entwicklungspolitik mittlerweile Themen im Fokus stünden, die in den vergangenen Jahren nicht immer ausreichend berücksichtigt worden seien, wie soziale Sicherungssysteme und Klimaresilienz, gerechte Lieferketten und eine feministische Entwicklungspolitik. Jedoch hapere es weiter an der praktischen Umsetzung. Gerade die »feministische Außenpolitik« der Bundesregierung sei bislang mehr Schein als Sein. »Hier sehen wir noch nicht sehr viel, was wirklich umgesetzt wird«, antwortete Hofert auf Nachfrage von »nd«. »Gerade beim jüngst in Uganda verabschiedeten Gesetz, das die Todesstrafe für Homosexualität vorsieht, wäre es nötig gewesen, zu intervenieren und zu sagen: ›Das verstößt gegen unsere Prinzipien‹«, so Hofert weiter. Allein mehr Geld und Bekenntnis reichen somit in der Entwicklungspolitik nicht.

Um die durchaus ambitionierten Ziele der Bundesregierung zu erreichen, braucht es aber nicht Willensbekundungen, sondern den politischen Willen zur Umsetzung. Konkret heißt das, so der »Kompass 2023«: »Es braucht eine verlässliche und langfristige Finanzierung. Und es braucht den vehementen Einsatz für menschenrechtliche Prinzipien, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie für eine starke Zivilgesellschaft. So trägt Politik zur Verwirklichung von nachhaltiger Entwicklung und Menschenrechten bei.«

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