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»Gott ist queer« - Pastor Quinton Ceasar: Sanfter Provokateur
Der Pfarrer Quinton Ceasar hat beim Evangelischen Kirchentag für Aufregung gesorgt
Es ist ein altes Problem der Theologie: Wie darf man Gottes Wort von der Ebenbildlichkeit verstehen? Im Alten Testament steht: Der Mensch ist nach Gottes Abbild geschaffen. Aber so ganz abbildhaft in allen Details doch hoffentlich nicht?! Das wäre wenig tröstlich. Und zumindest das soll man doch von der Religion erwarten können: Trost.
Da sich mehr und mehr Menschen mit queeren Lebensformen auseinandersetzen, sich gar die Erkenntnis durchsetzt, dass Queerness keine neue Erfindung ist, sondern seit jeher auf unterschiedliche Weise praktiziert wurde, war wohl unvermeidlich, dass irgendein Prediger das eine mit dem anderen zusammendenkt. »Gott ist queer«, hat Quinton Ceasar im Rahmen des Evangelischen Kirchentages zum Besten gegeben. Mit zu erwartendem Beifall von der einen, dem unvermeidlichen Protest von der anderen Seite.
Ceasar stammt aus Südafrika, ist 38 Jahre alt und mittlerweile 16 Jahre in Deutschland zu Hause. Seit 2021 ist er Pfarrer in der Friedenskirche Wiesmoor in Ostfriesland. Ihm wurde die Ehre zuteil, die Predigt beim Abschlussgottesdienst des Kirchentages zu halten. Der Social-Media-affine Theologe, der sich als Aktivist versteht, hat Rassismus den Kampf angesagt und zum Handeln gegen den Klimawandel aufgerufen. Auch den sogenannten Asylkompromiss der EU-Mitgliedsstaaten hat er kritisiert.
Die Evangelische Kirche kann klare Worte gut gebrauchen. Jahr für Jahr entfliehen mehr Schäfchen der Herde. »Gott ist queer« ist nur einer von Ceasars eingängigen Sätzen, »Wir sind alle die Letzte Generation« ein weiterer. Dass von einer linksgrün versifften Kirche, die einige reaktionäre Kräfte imaginieren, trotzdem nicht die Rede sein kann, merkt man daran: Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde beim Kirchentag ausgiebig Raum gegeben – um dem Militarismus das Wort zu reden. Von Protest keine Spur.
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