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Humboldt-Universität: Kein Ende für akademisches Klassenwahlrecht
Weiterhin aristokratische Zustände: Konzil der Humboldt-Universität lehnt Viertelparität ab
Ein Mensch, eine Stimme – dieses demokratische Grundprinzip gilt nicht in allen öffentlichen Institutionen. An Hochschulen wird eine Gruppe noch immer privilegiert: Die Professoren halten in allen entscheidungstreffenden universitären Gremien die Mehrheit der Sitze, obwohl sie zahlenmäßig die kleinste Statusgruppe sind. Wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden, Studierende sowie Beschäftigte in Verwaltung und Technik müssen sich die verbleibenden Sitze teilen. Sind sich die Professoren einig, kann kein Beschluss gegen sie gefasst werden.
Die akademische Variante des Klassenwahlrechts ist bereits seit Langem Stein des Anstoßes für viele hochschulpolitisch Aktive. Ein Vorstoß, diese Regelung abzuschaffen, scheiterte am Dienstag denkbar knapp mit einer Stimme im Konzil der Humboldt-Universität. 28 Ja- standen am Ende 29 Nein-Stimmen gegenüber. Die Kommission, die die neue Verfassung der HU ausarbeiten soll, hatte vorgeschlagen, dass das Konzil – das Hochschulgremium, das für grundsätzliche Fragen zuständig ist – künftig viertelparitätisch besetzt sein soll. Die vier Statusgruppen Professoren, akademischer Mittelbau, sonstige Mitarbeiter und Studierende sollten also jeweils gleich viele Sitze erhalten.
Deutlicher war die Ablehnung bei einer ähnlichen Abstimmung über die Zusammensetzung des Akademischen Senats, des für tagespolitische Entscheidungen wichtigsten Gremiums. 34 der 57 Konzilmitglieder stimmten gegen diesen Vorschlag.
»Enttäuschend« nennt Benjamin Kley das Abstimmungsergebnis. Er vertritt die Studierenden im Konzil. Weil die Abstimmung geheim war, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, wer wie abgestimmt habe. »Die Professoren waren wegen ihrer Mehrheit im Konzil aber in jedem Fall der ausschlaggebende Faktor«, so Kley. Schon in der Diskussion vor der Abstimmung hatten sich die Gräben zwischen den Statusgruppen gezeigt. So argumentierten Professoren, dass die Universität als »Meritokratie« konzipiert sei. Weil die Professoren am längsten an der Uni beschäftigt seien, könnten sie Entscheidungen mit größerer Weitsicht treffen. Ohne die professorale Mehrheit drohe die Hochschule ihre Funktionsfähigkeit zu verlieren, so die Befürchtung.
»Es ist einfach zu sagen, dass alles gut läuft, wenn man auf einer gut dotierten unbefristeten Stelle sitzt«, sagt Studierendenvertreter Kley. Er glaubt, dass die universitären Gremien von einem Perspektivwechsel profitieren könnten. »Die Professoren haben mit vielen Problemen nichts zu tun.« Hier könne es helfen, wenn man anderen Statusgruppen mehr Partizipation ermöglichen würde. »Es geht da auch um gegenseitige Anerkennung«, so Kley.
Mit der Abstimmungsniederlage ist die Viertelparität zunächst in weite Ferne gerückt. Bei der nächsten Konzilsitzung im Juli soll zwar erneut über den Verfassungsentwurf beraten werden. Aktuell werde verhandelt, ob dann noch einmal Varianten der Viertelparität zur Abstimmung gestellt werden. Kley kann sich etwa vorstellen, dass die Viertelparität nur bei bestimmten Abstimmungsfragen Anwendung findet. Ein ähnliches Modell wird an der Technischen Universität praktiziert. »Das ist aber natürlich ein großer Rückschritt gegenüber der ursprünglichen Forderung«, so Kley.
Selbst wenn die universitären Gremien die Viertelparität beschließen sollten, bliebe zudem eine weitere Hürde. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1973 die professorale Mehrheit in den Gremien zementiert. Damalige Pläne, die Hochschullehrer mit anderen Universitätsmitgliedern gleichzustellen, hatten die Richter – zum übergroßen Teil selbst Professoren – zurückgewiesen. Mit der Begründung: Die Wissenschaftsfreiheit sei gefährdet, wenn Professoren nicht mehr mehrheitlich über Fragen von Forschung und Lehre entscheiden können. Benjamin Kley hofft, dass sich die Rechtsprechung nach 50 Jahren ändern könnte. »Heute haben wir ganz andere Verhältnisse an den Hochschulen.«
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