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Habeck rechnet mit »schwierigen Diskussionen« in Indien

Bei einem dreitägigen Besuch geht es um Klima, Energie und Handel

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) in Delhi landet, wird es für ihn eine Art Anschauungsunterricht in Sachen Klimawandel. Teile der indischen Hauptstadt – mit über 20 Millionen Einwohnern einer der größten Ballungsräume weltweit – stehen derzeit unter Wasser. In Südasien ist Monsunzeit, da sind Bilder von Überflutungen nicht selten. 80 Prozent der Jahresniederschläge fallen in den wenigen Wochen zwischen Juni und September, oft schüttet es mehr als 24 Stunden am Stück. Für die Landwirtschaft ist dies ein Segen. Doch diesmal ist der Monsun über Teilen Nordindiens und angrenzenden Gebieten Pakistans erneut weit heftiger als üblich. Mehrere Zehntausend Menschen in Delhi sind bereits obdachlos oder mussten vorsorglich ihre Bleibe verlassen.

Beim dreitägigen Besuch des Ministers in Indien geht es vor allem um Klima- sowie um Handels- und Energiepolitik. Die Partnerschaft Deutschlands mit Indien solle vertieft werden. Hintergrund ist auch das Bestreben, Lieferketten breiter aufzustellen und sich weniger abhängig von China zu machen. Während Habeck und seine Begleitung, darunter Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsvertreter, in wohltemperierten Räumen Gespräche führen, befindet sich vor allem Delhis Stadtregierung im Alarmmodus, um die Bevölkerung der Hauptstadt vor den schlimmsten Folgen der Überflutungen zu schützen. Erst wenige Wochen ist es her, dass Indien und seine Nachbarstaaten unter einer extremen Hitzewelle mit Temperaturen über 40 Grad ächzten. Jetzt stellen die Wassermassen eine Gefahr dar.

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Schwierige Partnerschaft

Der Gast aus Deutschland weiß sehr wohl: Indien und ganz Südasien leiden besonders stark unter dem Klimawandel, was immer häufigere Wetterextreme zeigen. Letztes Jahr war allein in Pakistan ein Drittel des Landes mit 33 Millionen Menschen von einer Mega-Flut betroffen. Geschätzter Schaden: 16 Milliarden Dollar. Die Region ist jedoch auch ein schwieriger Partner in der Menschheitsaufgabe, die globale Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts doch noch bei etwa 1,5 Grad zu deckeln. Bei den Weltklimakonferenzen bremste die indische Regierung des hindu-nationalistischen Premierministers Narendra Modi regelmäßig, in Abschlusserklärungen konkrete Ziele für einen schnellen Abschied von fossilen Energieträgern zu formulieren. Vor allem an der für die heimische Wirtschaft wichtigen Kohle will Indien gern so lange wie möglich festhalten. Für das mit über 1,4 Milliarden Menschen bevölkerungsreichste Land der Erde ist es ein schwieriger Balanceakt zwischen Schutz vor immer neuen Klimakatastrophen und Sicherung eines anhaltend hohen Wirtschaftswachstums. Habeck erwartet daher »schwierige Diskussionen«. Es gebe viel Gesprächsbedarf.

Nachhaltige Entwicklung

Um allgemeine Fragen der Klimapolitik wird es bei Habecks Gesprächen ebenso gehen wie um konkrete Aspekte der laufenden Energiewende. Dies ist in Deutschland, wie Habeck selbst wiederholt betont hat, nicht ohne Partner machbar. Beim »grünen« Wasserstoff ist die Bundesrepublik vorerst zu rund 70 Prozent auf Importe angewiesen – auch aus Indien. Eine »Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung« hatten Habeck und sein Amtskollege Singh bereits im Mai 2022 besiegelt. Indien will bis 2030 fünf Millionen Tonnen »grünen« Wasserstoff pro Jahr produzieren. Ein Großteil soll in EU-Länder wie Deutschland gehen.

Nach Treffen auf Regierungsebene und einer Konferenz am Donnerstag will Habeck am Freitag vor allem Wirtschaftsgespräche führen und in Mumbai Unternehmen besuchen. Am Samstag steht noch ein Energieministergipfel der G20 an, wo Indien derzeit den Vorsitz hat. Auch mit Handelsfragen wird sich der deutsche Gast beschäftigen – das zuletzt etwas gestiegene Handelsvolumen beider Länder liegt bei etwa 30 Milliarden Euro, innerhalb der EU ist die BRD Indiens wichtigster Partner.

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