Letzte Generation: Keine kriminelle Vereinigung in Berlin

Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) ließ Einstufung prüfen

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit Straßen haben sie es ja: In der Nacht zu Donnerstag haben Klimaaktivisten der Gruppe »Sand im Getriebe« auf der Sonnenallee selbst eine Autospur zum Radweg umgewidmet. Eine Protestaktion gegen den Stopp des Ausbaus bestimmter Radwege. Die Verbündeten der Letzten Generation fallen hingegen durch die Blockade von Autofahrern auf. Eine Prüfung der Senatsjustizverwaltung hat jetzt allerdings ergeben: Die Gruppe der Letzten Generation wird weiterhin nicht als kriminelle Vereinigung eingestuft.

Grund für die Prüfung, die Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) im Mai nach Amtsantritt veranlasst hatte, waren Ermittlungen im Nachbarbundesland Brandenburg. Es geht dort unter anderem um Sabotage-Aktionen von Aktivisten gegen die Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte bisher keine Anhaltspunkte gesehen.

»Aus Sicht des Fachbereiches lässt sich die Entscheidung aus Brandenburg nur bedingt auf die Situation in Berlin anwenden«, hieß es nun von der Justizverwaltung in Berlin. Allerdings schließe dies eine andere Bewertung nicht aus. So sei »insbesondere die Entwicklung des Protestgeschehens in die fortlaufende strafrechtliche Bewertung der Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Berlin einzubeziehen«, hieß es weiter. Die Berliner Staatsanwaltschaft selbst hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, die rechtliche Einschätzung der Klimagruppe unterliege »einer permanenten Neubewertung«.

Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, kritisierte am Mittwoch die Prüfung als »sachlich unnötig«. »Politisch war sie allerdings ein Fehler«, sagte er. Denn nun sei der Eindruck entstanden, die Senatorin würde der fachlichen Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht vertrauen. »Das ist fatal, denn in einem Rechtsstaat darf nicht einmal der Anschein möglicher politischer Einflussnahme auf die Strafverfolgungsbehörden entstehen.«

Darüber hinaus habe das Verfahren dazu beigetragen, die Aktivisten »in den Augen der Öffentlichkeit zu kriminalisieren und immer wieder zu beobachtenden Selbstjustiz-Aktionen möglicherweise Vorschub zu leisten«, kritisiert Schlüsselburg.

Bei der Staatsanwaltschaft sind bisher nach eigenen Angaben rund 2000 Verfahren zu den Blockaden der Aktivisten gelandet. Seit vergangenem Monat versucht die Staatsanwaltschaft solche Fälle in beschleunigten Verfahren abzuhandeln, bei denen unter anderem vereinfachte Regelungen für die Beweisaufnahme gelten. Bisher scheiterte sie damit, weil das Gericht auch damit rechnete, dass eine umfangreichere Beweisaufnahme nötig ist. mit dpa

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