Letzte Generation: Haft als Widerstand

Aktivist der Letzten Generation tritt Ersatzfreiheitsstrafe für Straßenblockade an

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Der junge Mann blickt freundlich und selbstbewusst in die Videokamera. Er könnte gleich für ein Produkt werben. Stattdessen erklärt Kevin Hecht, dass er ab dem 1. August eine einmonatige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen antritt: »Ich gehe ins Gefängnis, weil ich mich für eine lebenswerte Zukunft einsetze«, sagt er und betont, dass er diesen Schritt selbstbestimmt gehe.

Ins Gefängnis gehen statt zahlen

Hecht wurde wegen seiner Beteiligung an einer Straßenblockade der Klimagruppe Letzte Generation zu einer Geldstrafe verurteilt. Doch statt sie zu bezahlen, entschied er sich für die einmonatige Ersatzfreiheitsstrafe. Für den Klimaaktivisten ist es nicht die erste Erfahrung hinter Gittern. In Schweden musste er nach der Beteiligung an einer Straßenblockade eine 15-tägigige Untersuchungshaft absitzen. Er war in dem skandinavischen Land, in dem Greta Thunberg den weltweiten Klimaaktivismus wesentlich vorantrieben hat, der erste Mensch, der deswegen ins Gefängnis musste. Dagegen geht Hecht weiterhin juristisch vor.

Auch im bayerischen Landshut musste er wegen seines Klimaaktivismus mehrere Tage in Präventivhaft verbringen, nachdem er sich an einer Aktion gegen den Münchner Flughafen beteiligt hatte. Hecht berichtet im Video von den schlechten Haftbedingungen, denen er dort ausgesetzt war. Er habe in einer dunklen Zelle im Untergeschoss des Gefängnisses verbringen müssen, die zudem mit Videokameras überwacht gewesen sei. Als Toilette habe ihm ein Loch im Zellenboden gedient. Trotz dieser negativen Erfahrungen entschied sich Hecht, seine Ersatzfreiheitsstrafe am 1. August anzutreten.

Privilegien des Globalen Nordens nutzen

In seiner Videoerklärung betont der Aktivist, dass ihm die Aktionen von Indigenen in verschiedenen Teilen der Welt imponieren, die gegen die Zerstörung ihrer natürlichen Lebensgrundlagen kämpfen und dabei auch zu Blockaden und anderen Aktionsformen des gewaltfreien Widerstands greifen. Anders als diese Menschen genieße er als Bewohner des Globalen Nordens Privilegien, die er für seinen weiteren Aktivismus nutzen will.

Hecht macht deutlich, dass auch der Gefängnisaufenthalt ein Teil seines Widerstands sei: »Ich werde meinen Widerstand im Gefängnis fortführen. Gemeinsam können wir unsere Zukunft vor dem Kollaps bewahren, aber dafür braucht es Menschen, die sich der Zerstörung in den Weg stellen. Seht nicht länger dabei zu, wie unser Grundgesetz, unser Recht auf Leben, mit Füßen getreten wird. Werdet aktiv, es gibt so viele Möglichkeiten«, lautet die optimistische Botschaft des Klimaaktivisten.

Unterstützer*innen notwendig

Er steht damit in der Tradition von Aktivist*innen der Bewegung des gewaltfreien Widerstands, die gegen zerstörerische Rüstungsprojekte, aber auch gegen die Umweltzerstörung kämpfen und den Gefängnisaufenthalt als Teil ihres Aktivismus begreifen. Damit sollen vor allem andere Teile der Bevölkerung nachdenklich gemacht und für die Ziele der Aktivist*innen gewonnen werden.

Dafür sind aber aktive Netzwerke von Unterstützer*innen notwendig, die die Verbindung zwischen »drinnen« und »draußen« herstellen. Die Letzte Generation scheint dazu zurzeit nicht in der Lage. Auf eine Presseanfrage kam eine automatisierte Meldung, in der mitgeteilt wird, dass die Gruppe wegen interner Schulungen und Klärungsprozesse für einige Zeit pausiere.

Von der JVA Cottbus-Dissenchen wollte sich auf Nachfrage des »nd« aus datenschutzrechtlichen Gründen niemand zum Haftantritt von Kevin Hecht äußern.

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