Kabinettsklausur in Meseberg: Einig und zukunftsfern

Über die Ergebnisse der Kabinettsklausur von Meseberg

Da ist er wieder: der auch von früheren Regierungen gern beschworene Geist von Meseberg. Fernab des Berliner Trubels hat die zweitägige Kabinettsklausur der Ampel eine ganze Reihe von Beschlüssen gebracht und vor allem ein Bild von Einigkeit und Handlungsfähigkeit. Das dürften die Hauptakteure bezweckt haben – offene Streitpunkte hat man auf Stand-by gestellt.

Die zerstrittene und vor dem Aus stehende Koalition dürfte indes nie mehr als eine mediale Perspektive gewesen sein – und ein gefundenes Fressen für die nach rechts driftende konservative Opposition. Tatsächlich haben SPD, Grüne und FDP trotz grundlegender Differenzen und nach heftigem Tauziehen viele Beschlüsse gefasst. Die Qualität ist es, woran es mangelt.

Das eine ist die soziale Schieflage: Während für die Förderung der Wirtschaft oder für das Militär eine Menge Geld da ist, wird die Familienministerin bei der Kindergrundsicherung mit einer Minivariante abgespeist. Das wichtigste Vorhaben der kaum noch sichtbaren SPD, die deutliche Mindestlohnerhöhung, wurde seinerzeit von der Inflation überrollt. Aktuell möchte man mit einer Mietrechtsreform punkten, wobei sich die Liberalen querstellen werden.

Das andere ist die Transformation der Wirtschaft: Ganze Bereiche verweigern sich den Klimaschutzzielen, was in der Koalition geduldet wird. Die angekündigte Bildungs- und Innovationsoffensive oder Maßnahmen gegen Fachkräftemangel werden halbherzig angestoßen. Statt die für die Zukunft zentralen Investitionen gezielt voranzubringen, nimmt man die Konjunkturflaute zum Anlass, pauschale Wirtschaftsförderung zu betreiben. Auch das ist dann wohl der Geist von Meseberg: Rückwärtsgewandtheit in historischem Ambiente.

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