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Supercomputer geht an den Start
Rechner am Forschungszentrum Jülich soll Klimaforschung und KI-Anwendungen voranbringen
Europas schnellster Supercomputer geht nach zehnjähriger Entwicklungszeit an den Start: Am Freitag wurde Jupiter am Forschungszentrum Jülich im Beisein von allerlei Politprominenz eingeweiht. Der Höchstleistungsrechner soll die Klima- und Gesundheitsforschung voranbringen sowie Europa bei der Aufholjagd um Künstliche Intelligenz (KI) helfen. Jupiter sei »der erste Supercomputer in Europa, der beim Training von KI-Modellen international wettbewerbsfähig ist«, sagt Thomas Lippert, Leiter des Supercomputing-Zentrums in Jülich.
Jupiter ist die Abkürzung von »Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research«. Es handelt sich um Europas ersten Rechner der Exascale-Klasse. Das heißt, das Jülicher Baby kann mehr als eine Trillion Berechnungen pro Sekunde leisten, eine Eins mit 18 Nullen. Sein Potenzial entspricht einer Leistung von einer Million Smartphones, die übereinander gestapelt ungefähr so hoch wie der Mount Everest wären. In Jülich sind rund 24 000 GH200-Chips des US-Konzerns Nvidia, die parallele Anwendungen ermöglichen, in 125 Rechenschränke gepackt, die die Fläche eines halben Fußballfeldes einnehmen. Jupiter liegt hinter drei US-Rechnern auf dem vierten Platz der offiziellen Top-500-Liste der weltweit schnellsten Supercomputer. Allerdings ist diese Liste unvollständig, da einige private Betreiber wie Amazon, Google, Microsoft und Meta sich genauso wenig in die Karten schauen lassen wollen wie China, wo ebenfalls solche Rechner mit unbekannter Leistung in Betrieb sind.
Unter Forschern werden Supercomputer als »Traditionalisten« bezeichnet, da sie mit dem Binärsystem arbeiten. Die potenziell schnelleren Quantencomputer arbeiten hingegen mit Qubits, die gleichzeitig mehrere Zustände einnehmen können. Sie sind aber bisher nicht über das Entwicklungsstadium hinausgekommen. Jupiter soll dank seines modularen Aufbaus neue Technologien wie Quantencomputing und neuromorphe Chips integrieren können.
Die superschnellen Hochleistungsrechner sind nützlich für Forscher, die Daten sammeln und analysieren wollen, da sie komplexe Berechnungen viel schneller durchführen können. Das ermöglicht ihnen, einige der kniffligsten Fragen anzugehen. Jupiter soll den Angaben zufolge vor allem helfen, Klimamodelle und Wettersimulationen zu verbessern, um längerfristige Klimaveränderungen genauso wie lokale Extremwetterereignisse wie Starkregen und heftige Gewitter genauer vorhersagen zu können. Auch die Entwicklung und Optimierung eines nachhaltigen Energiesystems sowie die »Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen bisher kaum verstandene Krankheiten« soll der Rechner deutlich voranbringen. Nicht fehlen darf natürlich auch dies: Jupiter kann KI-Modelle mit riesigen Datenmengen besonders schnell trainieren und ist für solche Anwendungen mit einem »Booster« ausgestattet.
Die gigantischen Rechenoperationen verschlingen indes riesige Mengen Strom. In Jülich weist man besonders stolz darauf hin, dass Jupiter als energieeffizientester unter den leistungsfähigsten Superrechnern der Top-500-Liste geführt wird. Der Strom kommt aus erneuerbaren Quellen, und die Warmwasserkühlung ist darauf ausgelegt, die beim Betrieb erzeugte Abwärme zum Heizen von Gebäuden auf dem Campus zu nutzen.
Das Ganze ist auch ein Politikum, wie die Teilnahme von Bundeskanzler Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU) an der Eröffnung zeigt. Europa gilt in vielen KI-Bereichen als Nachzügler. Bislang geben Wissenschaftler und Konzerne aus den USA und zunehmend auch China den Takt vor, was sich mit staatlicher Unterstützung ändern soll. Gefördert wird das Jupiter-Projekt zur Hälfte von der europäischen Public-Private-Partnership-Initiative Euro-HPCe sowie zu je einem Viertel vom Bundesforschungsministerium und dem Land Nordrhein-Westfalen. Jülich hatte bei der Standortwahl Forschungseinrichtungen in Bayern und Baden-Württemberg ausgestochen.
Als »zentralen Baustein für Europas digitale Souveränität« bezeichnet denn auch Astrid Lambrecht, Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich, den Supercomputer. »Er setzt neue Maßstäbe, die sein Potenzial für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft für Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz demonstrieren«, meint die Quantenphysikerin.
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