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  • Bezeichnung als Cyberclown

Schönbohm fordert Schadensersatz vom ZDF

Ex-BSI-Chef will nach Böhmermann-Satiresendung 100 000 Euro

Der frühere Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, fordert vom ZDF eine Entschädigung von 100 000 Euro. Hintergrund ist eine Sendung des Satirikers Jan Böhmermann vor einem Jahr, in der dieser Schönbohm als »Cyberclown« bezeichnete. Böhmermann hat außerdem die Webseite Cyber-Sicherheitsrat.ru gestartet, auf der Schönbohm noch immer mit Clownsnase gezeigt wird. Dessen Anwalt sieht darin schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungen: »Das ZDF hat durch das ›Magazin Royale‹ die Reputation und die tadellose Karriere eines verdienten Staatsdieners zerstört«, erklärt er dazu der »Bunten«. Das Magazin hatte zuerst über die Entschädigungsforderung berichtet.

In der Ausgabe des »Neo Magazin Royale« hatte Böhmermann außerdem insinuiert, der damalige BSI-Chef habe als Mitgründer und Leiter des Cyber-Sicherheitsrates Deutschland Kontakte zu russischen Geheimdiensten. An diesem Lobbyverein war auch ein Tochterunternehmen einer russischen Cyber-Security-Firma beteiligt, das von einem Ex-Mitarbeiter des KGB gegründet wurde. Dieser soll von Präsident Wladimir Putin mit einem Verdienstorden geehrt worden sein.

Wenige Tage nach Ausstrahlung der Sendung hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Schönbohm als BSI-Chef abgesetzt und dabei ein angeblich gestörtes Vertrauensverhältnis angeführt. Da ihm kein juristisch haltbarer Vorwurf gemacht werden konnte und wegen fehlender Anhaltspunkte auch kein Disziplinarverfahren eröffnet wurde, musste Schönbohm nach dem Beamtenrecht ein gleichwertiges Amt erhalten. Faeser machte ihn deshalb zum neuen Präsidenten der – gegenüber dem BSI wesentlich kleineren – Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Der Bundestag hob dafür die Dotierung der neuen Stelle auf das BSI-Niveau an. Nachfolgerin Schönbohms wurde die Cybersicherheitsexpertin Claudia Plattner.

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Aus Kreisen des Faeser-Ministeriums hieß es später, die Auswechslung des BSI-Chefs sei wegen fehlenden Vertrauens in Schönbohms Amtsführung erfolgt. In besonders herausfordernden Zeiten wie während des Ukraine-Krieges sollte das BSI als zentrale Cybersicherheitsbehörde aufgestellt werden, dies habe der damalige Präsident nicht vermocht.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hat das ZDF am Mittwoch bestätigt, dass ein Anwaltsschreiben des Ex-BSI-Chefs vorliege. Der in Mainz ansässige öffentlich-rechtliche Sender soll demnach nicht mehr behaupten dürfen, dass Schönbohm bewusst in Kontakt mit Geheimdiensten aus Russland oder anderen Ländern gestanden habe. Das ZDF soll die Forderungen jedoch zurückgewiesen haben.

Arne Schönbohm ist der Sohn des CDU-Politikers Jörg Schönbohm, der unter anderem Berliner Innensenator und Brandenburger Innenminister war. Seine Nachfolgerin an der BSI-Spitze kann künftig durch eine Änderung des Bundesbeamtengesetzes einfacher abgesetzt werden. Damit wird auch die BSI-Leitung in den Kreis der politischen Beamten aufgenommen, »die jederzeit von der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können«.

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