Linke und Gewerkschaften: Transformieren, aber fair

Linke-Politiker und Gewerkschafter diskutieren, was Gute Arbeit in Zukunft bedeuten kann

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch wenn es nicht immer so wirkt: Eigentlich beschäftigt die sozialökologische Transformation die Gewerkschaften schon lange. Das schilderte zumindest der ehemalige Berliner DGB-Vorsitzende Dieter Scholz am Freitag bei der Arbeitspolitik-Konferenz der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Er berichtete über eine Initiative aus dem Jahr 1988, als der DGB mit Wissenschaftler*innen eine Studie zu diesem Thema erstellte. »Bei der Vorstellung kamen so viele Kolleginnen, dass sie nicht alle in den Saal passten«, berichtete Scholz. »Sie wollten die Transformation aktiv gestalten, heute hingegen haben viele Beschäftigte den Eindruck, von der Transformation überrollt zu werden.«

Bei der Konferenz unter dem Titel »Berlin: Hauptstadt der Guten Arbeit« waren zuvor Abgeordnete und Aktive der Linkspartei im IG-Metall-Haus in Kreuzberg mit Gewerkschafter*innen, Betriebsräten und Beschäftigten aus zahlreichen Branchen zusammengekommen. Die Tagesordnung war gefüllt mit Diskussionen zu der Frage, wie gute Tarifbedingungen in der aktuell schon laufenden Transformation erkämpft werden können.

»Berlin ist nicht nur die Dienstleistungsmetropole«, sagte Damiano Valgolio, der für die Linke im Abgeordnetenhaus sitzt. »Auch die Industriearbeitsplätze müssen verteidigt werden.« Dass die Konzerne bei der notwendigen Transformation oft als Bremser auftreten, erklärte ein ehemaliger Osram-Betriebsrat. Er schilderte, wie das Unternehmen die LED-Produktion lange Zeit ignorierte und dann der Konkurrenz unterlegen ist.

»Eines der wenigen positiven Versprechen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Festlegung auf ein Tariftreuegesetz«, meinte der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser. Es sei allerdings noch nicht umgesetzt worden. Meiser kritisierte die massive Industrieförderung am Beispiel Intel. Der Chiphersteller hatte zuletzt Milliarden Euro Subventionen ohne jede Kondition bekommen. »Wie können wir dafür sorgen, dass wir Mitsprache bei der sozialökologischen Transformation bekommen, wenn schon so viel Geld in die Förderung reingesteckt wird?«, fragte Meiser.

»Wo blieb eigentlich der Einspruch des Ethikrats als Pflege und Gesundheit privatisiert wurden?«, fragte eine Pflegekraft. Sie kritisierte, dass die Bemessung der Arbeitszeiten an ein Versicherungsunternehmen vergeben wurde. Hoffnung setzte die Kollegin in die jüngere Generation. »Die werden sich nicht so viel gefallen lassen wie wir Älteren.« Eine andere Kollegin war da nicht so optimistisch: »Ich erlebe junge Menschen, die aus der Schule kommen und noch nie etwas von Gewerkschaften gehört haben. Sie denken, es geht um einen Handyvertrag, wenn sie den Begriff Tarifvertrag hören.«

Klassenkampfstimmung brachten Kolleg*innen des Lieferdienstes Lieferando in die Konferenz, die mit ihren Streikwesten auftraten. »Wir haben keine Orte im Betrieb, wo wir uns treffen können, was die Atomisierung vorantreibt«, so Lieferando-Betriebsrat Leonard Müller. Damiano Valgolio nannte die Unterstützung der kämpferischen Rider*innen eine wichtige Aufgabe seiner Partei. Zudem müsse die Behinderung von Betriebsarbeit juristisch stärker geahndet werden.

Der Personalmangel in allen Branchen war ein Thema, das die Konferenz durchzog. »Ich kann das Gejammer der Unternehmen über die fehlenden Arbeitskräfte nicht mehr hören, wenn die sich vor drei Jahren noch weigerten, Auszubildende einzustellen«, sagte Anis Bhen-Rhouma von der Energiegewerkschaft IG BCE. »Wir müssen dafür sorgen, dass die Gelder für die Transformation bei den Lohnabhängigen ankommen«, ergänzte Damiano Valgolio in seinem Schlusswort.

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