Berlin: Bäume nicht gegen Menschen ausspielen

Eilantrag an Verwaltungsgericht für den Stopp von Baumfällungen im Ortsteil Pankow-Süd

  • Jule Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturfreunde und die Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) haben einen Eilantrag an das Verwaltungsgericht gestellt, um zu verhindern, dass 66 Bäume in den Innenhöfen der Pankower Ossietzkystraße gefällt werden. Mit den Rodungsarbeiten will die landeseigene Gesobau Platz für knapp 400 Geflüchtete schaffen. Damit würden jedoch nicht nur Pflanzen- und Tierarten weichen, sondern auch ein nachbarschaftlicher Erholungsraum.

»Es fällt uns nicht leicht, schutzbedürftigen Menschen schützenswerte Natur gegenüberzustellen. Angesichts der Vorgeschichte müssen wir aber auch feststellen, dass wir uns schon 2019 bei dem regulären Bauantrag gegen die Baumfällungen und Strauchrodungen eingesetzt hätten. Die Gesobau plant diese Bebauung seit mehr als vier Jahren und scheint in all der Zeit nicht gewillt zu sein, die gesetzlich vorgeschriebenen Vermeidungsmaßnahmen für den Artenschutz zu treffen«, erklärt der BUND in seiner Pressemitteilung.

Bereits 2019 reichte die Gesobau einen Bauantrag beim Bezirksamt Pankow ein. Der damalige Entwurf entsprach dem jetzigen, sah jedoch keine Unterkünfte für Geflüchtete, sondern regulären Wohnraum vor. Der Bezirk lehnte ab, da das Gebäude für zu groß befunden wurde. Anfang des Jahres wandte sich die Gesobau an den damaligen Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Andreas Geisler (SPD) und setzte selbigen Entwurf – jedoch für Geflüchtetenunterkünfte – über das Sonderbaurecht durch.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Trotz dessen, dass die Gesobau den Termin der Fällung nicht an die Anwohnenden kommunizierte, sickerte die Information zu ihnen durch. Die knapp 800 Anwohnenden, von denen einige die Bäume selbst mitpflanzten, fühlen sich übergangen: Nach einem vierjährigen demokratischen Prozess hatten sie einen »Klima-B-Plan« mit dem Bezirk erarbeitet. Dieser sieht zwar knapp 40 Wohneinheiten weniger vor, würde aber mehr als drei Viertel der Bäume erhalten und eine fast doppelt so große rekommunalisierte Spielfläche ermöglichen. Für die Bürgerinitiative »Grüner Kiez Pankow« geht es nicht nur um den ökologischen Faktor: »Hier soll ein Ort vernichtet werden, an dem sozialer und kultureller Austausch stattfindet – mit Konzerten, Lesungen, Familienfesten, Bücherbaum und Baumbank, erbaut mit Hilfe und Spenden der Baumpatinnen«, schreibt die Initiative auf der Petitionsplattform »Campact«. »Ein Ort, an dem Integration gelebt wird. Nachbarinnen und Gäste sind auch geflüchtete Familien mit ihren Kindern.«

Die Bürgerinitiative hatte zuletzt mithilfe der Naturfreunde ein Gutachten zur Artenvielfalt erstellt und der Naturschutzbehörde vorgelegt. Dieses enthält im Gegensatz zu dem Gutachten der Gesobau nicht nur deutlich mehr Arten und Reviere, sondern auch Ausgleichsmaßnahmen, um die Eingriffe ins Ökosystem abzumildern. Des Weiteren fehle laut der Bürgerinitiative in dem Gutachten der Gesobau eine Untersuchung der Bäume auf Bruthöhlen.

Britta Krehl, Sprecherin der Bürgerinitiative, hofft nun auf mehr Zeit, sollte der Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht durchgehen. »Wir werden morgen laut sein, demonstrieren und versuchen, die Arbeiter zu überzeugen, die Bäume nicht zu fällen«, erklärt sie am Dienstagnachmittag gegenüber »nd«.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal