- Berlin
- Innenpolitik
Berlin-Hellersdorf: Polizei zieht Pride-Fahne ein
Streit zwischen Aktivisten und Polizei eskaliert
Aktivisten werfen der Berliner Polizei einen queerfeindlichen Übergriff vor. Bei einer Kundgebung in Hellersdorf sollen Beamte in Zivil demnach Teilnehmer aggressiv angegangen sein und anschließend eine Progress-Pride-Fahne entwendet haben, die später allerdings zurückgegeben wurde. Dies berichten mehrere Initiativen, darunter der Allgemeine Studierendenausschuss der Alice-Salomon-Hochschule sowie das vom Senat geförderte Projekt Queere Jugend, in einer Pressemitteilung. Die Veranstalter hätten sich entschlossen, die Kundgebung frühzeitig zu beenden, heißt es in der Mitteilung.
Mit der Kundgebung wollten die beteiligten Initiativen eigentlich auf homophobe Angriffe und neonazistische Aktivitäten in Marzahn-Hellersdorf aufmerksam machen. Vor allem am Cottbusser Platz kam es zuletzt zu einer Häufung rechter Vorfälle. In einem Gespräch hätten Anmelder und Polizei ausgemacht, dass kein Polizeischutz für die Veranstaltung notwendig sei, heißt es in der Pressemitteilung.
Kurz darauf seien trotzdem drei sichtbar bewaffnete Personen in der Nähe der Kundgebung aufgetaucht. Erst auf mehrmalige Nachfragen hätten sie sich als Polizisten zu erkennen gegeben und ihre Dienstausweise vorgelegt, berichten Kundgebungsteilnehmer. Kurz darauf seien drei weitere Beamte dazugekommen.
Warum sie die Kundgebung beobachteten, sagten die Polizisten nicht. »Wir wollten einfach nur wissen, was los ist«, berichtet eine Teilnehmerin. Manche Kundgebungsteilnehmer hätten Angst vor einer Bedrohungslage gehabt. Die Diskussionen über den Grund der Anwesenheit der Polizei eskalierten offenbar kurz darauf. Die Polizisten seien demnach zunehmend aggressiv aufgetreten und hätten hämische Bemerkungen über eine transgeschlechtliche Person gemacht. Im Verlauf dieser hitzigen Diskussionen sei dann einer weiteren Person die Regenbogenfahne aus den Händen gerissen worden. Auch für diese Maßnahme nannten die Polizisten keinen Grund.
»Dass Jugendliche, die sich offen gegen rechts engagieren, von der Polizei anlasslos unter Beobachtung gestellt werden, ist ein Skandal«, sagt Lisa Mehner, die das Veranstaltungsbündnis unterstützt. »Das Verängstigen von Teilnehmenden sowie das Misgendern queerer Teilnehmer*innen ist ein No-Go.« »Dieses Vorgehen der Polizeibeamten vor Jugendlichen normalisiert Transfeindlichkeit und zeigt ein fehlendes Bewusstsein für queere Lebensrealitäten in der Polizei«, ergänzt Mika Hofmann vom Projekt Queere Jugend.
Auf nd-Anfrage erklärte die Pressestelle der Polizei, dass die Vorwürfe bislang nicht bekannt gewesen seien. Der Sachverhalt werde nun aufgeklärt. »Die Polizei nimmt derlei Vorwürfe sehr ernst«, schreibt ein Vertreter.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.