Gegen prekäre Wissenschaft: Uni in Aktion

Kommt ein »Heißer Herbst« der Hochschulproteste?

Mit dem Oktober begann auch das neue Wintersemester an den deutschen Hochschulen. Die altbekannte Wohnungsknappheit in den Universitätsstädten und die durch Inflation verschärfte Prekarität der Studierenden wird dieses Jahr noch durch Rekordzinsen auf Studienkredite garniert. Wer sich vor Studienantritt ein bisschen über seinen zukünftigen Wirkungsort informiert hat, wird eh kaum gute Stimmung erwartet haben. Von den studentischen Beschäftigten über den sogenannten Mittelbau bis in die Professor*innenriege wird seit langem medienwirksam der desolate Zustand der Institution Universität beklagt: schlechte Arbeitsbedingungen, Austerität und Drittmitteldruck haben den Enthusiasmus für eine akademische Laufbahn längst gedämpft.

Doch es gibt auch frischen Wind. Denn diejenigen, die bereits unter den Bedingungen ächzen, schauen positiv – man könnte sagen: kämpferisch – in die Zukunft. So trafen sich am 11. Oktober 2023 mehrere Initiativen zu einem bundesweiten Bündnistreffen zur Vorbereitung auf den Hochschulaktionstag »Schluss mit prekärer Wissenschaft!«, der am 20. November stattfinden soll. Neu ist an der Vernetzung, dass die jeweiligen Initiativen nun gebündelt auftreten wollen: verschiedene Statusgruppen tun sich zusammen, von Studierenden, die gegen Unterfinanzierung der Hochschulen und Schuldenlast protestieren, über die studentischen Beschäftigten, die für einen bundesweiten Tarifvertrag in den Streik treten wollen, bis zum akademischen Mittelbau, der sich unter #ichbinhanna seit Jahren gegen Befristungen und schlechte Arbeitsbedingungen wehrt.

Die Erfolgsaussichten für einen solchen »Heißen Herbst« der Hochschulproteste stehen nicht schlecht. Immerhin beriet jüngst der Haushaltsausschuss des Bundestages über die Novelle des berüchtigten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), das unter anderem die Befristungspraxis an den Hochschulen regelt. Heraus kam die deutliche Forderung an das Bundesforschungsministerium nach einem »Programm zum Ausbau wissenschaftlicher Dauerstellen neben der Professur«. Es scheint also, als wäre ein Erfolg der Kampagne #ichbinhanna in greifbarer Nähe. Die Regierung würde dann auf ihren Koalitionsvertrag festgenagelt, in dem man sich zur Förderung der »Best-Practice-Projekte für (…) moderne Governance-, Personal- und Organisationsstrukturen« bekannte.

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Die Aussicht, dass ein gewerkschaftlich organisierter Arbeitskampf der Statusgruppen schließlich in »modernen Governancestrukturen« aufgeht, zeigt jedoch selbst ein Problem. Die Vernetzung der Initiativen ist konsequent, insofern es alle Beteiligten mit unterschiedlichen Auswüchsen desselben Universitätssystems zu tun bekommen. Der Trumpf ebenjenes Systems liegt aber darin, dass es genau nicht als solch ein Zusammenhang adressiert wird. Die Zugeständnisse, die hier erkämpft werden können, gibt es nur unter der Maßgabe, dass es im Großen und Ganzen beim Alten bleibt. Das kann man nicht den Initiativen anlasten. Es ist vielmehr der Hinweis auf den desolaten Zustand der Universität, die nicht einmal die Erkenntnis ihrer eigenen gesellschaftlichen Situation hervorbringen kann.

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