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Ein Licht anzünden in der Dunkelheit

Band für Mut und Verständigung an LGBT Life, den Runden Tisch Asyl und andere

Vor sieben Jahren ist Sekine Flämig aus Albanien nach Deutschland gekommen. Mittlerweile wirkt sie in der Stadt Prenzlau als ehrenamtliche Ausländerbeauftragte. So heißt diese Funktion dort noch, während man anderswo Integrationsbeauftragte dazu sagt. Wie die alleinerziehende Mutter die Zeit findet und warum sie das tut? In ihrer Heimat gebe es ein Sprichwort, antwortet Flämig: »Wenn eine Frau aufsteht, steht sie für 1000 Frauen auf.« Am Freitagabend erhält Flämig im Roten Rathaus in Berlin einen Sonderpreis. Ein Berlin-Brandenburger Bündnis verleiht schon seit 30 Jahren das Band für Mut und Verständigung. Die allererste Ausgezeichnete war Alexandra Thiele, eine Schülerin aus Königs Wusterhausen. Sie organisierte Konzerte für Courage in dieser dunklen Zeit, in der Neonazis Brandanschläge verübten und Menschen durch die Straßen hetzten.

Auch jetzt wird es wieder dunkel. »Das Gift ist bis tief in die Mitte der Gesellschaft eingedrungen«, warnt Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Die AfD sei in ihrem Bundesland bereits die zweitstärkste Kraft im Landtag und inzwischen in den Umfragen mit 32 Prozent schon weit an der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke vorbeigezogen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) macht sich ebenfalls Sorgen, obwohl doch seine Partei nach den Silvesterkrawallen nach den Vornamen der Tatverdächtigen fragte und so rassistische Vorurteile bediente. Doch am Freitagabend im Roten Rathaus sagt Wegner: »Berlin ist die Stadt der Vielfalt.« Er verteidigt Einwohner mit arabischen Wurzeln. Die meisten würden den Terror der Hamas auch nicht gutheißen. »Wir sollten nie den Kopf in den Sand stecken, weil davon wird es auch nicht besser«, mahnt der Politiker. Er zitiert einen Rabbiner: Wenn es dunkel werde, müsse man ein Licht anzünden.

Geehrt wird zum Beispiel LGBT Life. In einem eingespielten Kurzfilm zur Vorstellung dieses Vereins sagt Alexander Polozov: »LGBT Life gibt mir Hoffnung.« Der schwule Journalist arbeitete in Russland für unabhängige Medien und befindet sich jetzt in Berlin im Exil. Gemeinsam mit dem Menschenrechtsaktivisten Nikita Tomilov berät er andere Russen. Tomilov nimmt den Preis entgegen. Er trägt ein rotes Abendkleid und lange blonde Haare und möchte am liebsten eine vorbereitete Rede halten, soll aber bitte nur die drei wichtigsten Sätze daraus sagen. Für mehr fehlt die Zeit, weil noch andere geehrt werden sollen wie der Runde Tisch Asyl und Migration Potsdam-Mittelmark. Gegründet wurde er 2019, weil Geflüchtete im Landkreis massive Schwierigkeiten hatten, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, Esayas Drar etwa, dem sie erst verweigert wurde und der zur Preisverleihung erscheint. Doch mit konstruktiver Kritik habe man vieles zum Positiven verbessert, freut sich Max Steinacker vom Runden Tisch. Man will nicht nachlassen und nutzt gleich die sich bietende Gelegenheit. Außerhalb des Protokolls tritt Mitstreiterin Ruth Koschel ans Mikrofon und kritisiert Bemühungen der SPD in Brandenburg, Chipkarten für Asylbewerber einzuführen und ihnen Bargeld damit vorzuenthalten.

Auch die ehrenamtlich in der Gesundheitsaufklärung aktive Syrerin Shaza Anjrini bekommt einen Preis, ebenso die Kolpingjugend, die in der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück hilft – und der um Integrationsprojekte bemühte Ermyas Mulugeta. Er wurde Ostern 2006 an einer Haltestelle in Potsdam so verprügelt, dass die Ärzte ihn in ein künstliches Koma versetzen mussten. Mulugeta hatte vor dem Übergriff telefoniert und eine Mailbox zeichnete die beginnende Auseinandersetzung auf. Der Fall erregte international großes Aufsehen – so kurz vor der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland.

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