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IG Metall stellt sich neu auf

Am Montag wurde der Vorstand der Metallgewerkschaft gewählt

  • Felix Sassmannshausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall wurde Christiane Benner am Montag mit über 96 Prozent der Stimmen zur neuen Vorsitzenden gewählt. Nachdem sie acht Jahre lang als Nummer zwei in der Gewerkschaft gewirkt hat, löst sie nun den langjährigen Metall-Chef Jörg Hofmann ab. »Wir, die arbeitenden Menschen, brauchen eine stärkere Stimme«, sagte Benner mit Blick auf ihre Wahl. »Wir fordern einen aktiven Staat und Arbeitgeber, die ihren Auftrag aus dem Grundgesetz wahrnehmen: Eigentum verpflichtet«, rief sie den über 400 Delegierten unter tosendem Applaus zu.

Benner hat viel Erfahrung, kann auf eine rund 35-jährige aktive Mitgliedschaft bei der IG Metall zurückblicken, zunächst im Jugendverband, dann als Bezirksleiterin in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Und nun ist sie die erste Frau an der Spitze der größten deutschen Gewerkschaft mit ihren über 2,1 Millionen Mitgliedern. Davon sind rund 18 Prozent weiblich – Tendenz steigend.

Eigenen Aussagen zufolge kommt die 55-jährige Benner aus schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Als Tochter einer alleinerziehenden Mutter hatte sie mit 15 ihren ersten Job. »Ich stand früh auf eigenen Beinen«, betonte sie am Montag bei ihrer Wahl. Für Benner war das eine prägende Erfahrung. In einem Interview mit der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sagte sie: »Ich gebe noch heute allen jungen Frauen in meinem Umfeld mit: Sorgt für eure finanzielle Unabhängigkeit.« Vor dem Hintergrund will sie sich für eine gerechtere Geschlechterquote in Unternehmen einsetzen und strukturelle Nachteile für Frauen auf dem Arbeitsmarkt abbauen.

Auch darüber hinaus steht Benner in den kommenden vier Jahren vor großen Herausforderungen. »Wir befinden uns im größten Umbau unserer Industrie seit 100 Jahren. Sie muss weiterentwickelt werden und nicht abgewickelt. Dafür werde ich gegenüber Politik und Arbeitgebern einstehen«, versprach sie.

Zu ihrer neuen Aufgabe sagte sie: »Dieses Land braucht eine starke IG Metall, für Arbeit, Zukunft und gegen rechts.« Darum tritt sie für mehr Demokratie und Mitbestimmung in den Betrieben ein. Und der neue Vorstand wolle sich als Team aufstellen, damit gewährleistet sei, dass die politischen Konzepte in der Gewerkschaft von unten nach oben entstehen. Neben Benner wurden am Montag auch Hans-Jürgen Urban, Nadine Boguslawski, Jürgen Kerner und Ralf Reinstädtler in den Vorstand gewählt. Gegenkandidat*innen gab es nicht.

Mit ihrem neuen Amt wird Benner zudem den Posten als Mitglied im Aufsichtsrat bei Volkswagen von ihrem Vorgänger Hofmann übernehmen. »Es gibt eine Erwartungshaltung und es gibt eine Tradition. Der werde ich selbstverständlich entsprechen«, sagte sie. Zuvor war Benner schon bei BMW und Continental im Aufsichtsrat aktiv. »Ich führe seit fünf Jahren heftige Auseinandersetzungen in der Continental AG. Wir demonstrieren und machen Warnstreiks«, berichtete sie. »Wir kämpfen um jeden und jede Beschäftigte.«

Über die Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften üben die Gewerkschaften ihre Rechte in der Unternehmensmitbestimmung aus. So können sie den Vorstand kontrollieren und den Jahresabschluss der Konzerne prüfen. Daneben sind die Gewerkschaften auch in die Beratung von Unternehmensentscheidungen eingebunden, dürfen dabei jedoch nicht in die Geschäftsführung eingreifen.

Die Konzerne lassen sich diese Mitbestimmung einiges kosten. Für ihre Arbeit bei Continental und BMW erhielt Benner im vergangenen Jahr 486 000 Euro brutto, wie aus Konzernberichten hervorgeht. Einer Richtlinie der IG Metall zufolge müssen 90 Prozent davon an die Hans-Böckler-Stiftung abgeführt werden. Daran habe sich Benner gehalten, wie es auf nd-Anfrage heißt. Der Richtlinie entsprechend verdiente Benner neben ihrem »niedrigen sechsstelligen Jahresentgelt« im Jahr 2022 demnach knapp 50 000 Euro brutto. Die beiden Aufsichtsratsposten wolle sie vorerst behalten. Hinzu kommen dann noch rund 30 000 Euro, die schon Hofmann als VW-Aufsichtsratsmitglied erhielt.

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